CDs: Jazz/World/Sounds
SOUNDS Erika Stucky: Papito
(Traumton 2017)
Die Walliser Sängerin mit Jugendjahren in den wilden kalifornischen Sixties mixt gerne Schweizer Folklore mit US-Folk und Jazz. Diese Fusion schwingt auf ihrem neuen Album mit, doch schlägt Erika Stucky auch ruhigere, intimere Töne an. Für die Hommage an ihren Vater hat sie Barockorchester und den Countertenor Andreas Scholl aufgeboten. (fn)
SOUNDS Chiara: Mascra
(R-Tunes 2017)
Kulturell ist die rätoromanische Minderheit so lebendig wie kaum zuvor. Jüngstes Beispiel ist das Debütalbum der erst 18-jähri-gen Sängerin und Keyboarderin Chiara Jacomet aus dem Safiental. Mit ihrem Sextett – einer Girlband – packt sie klangvolle Texte in frische Sounds. Das macht zuversichtlich. (fn)
JAZZ Cécile McLorin Salvant: Dreams And Daggers
(Mack Avenue 2017)
Ihre Stimme ist von unaufdringlichem Zauber, keckem Charme und kristalliner Reinheit. Cécile McLorin Salvant nimmt gefangen, selbst wenn sie auf ihrem neuen Trippel-Album vorwiegend Altbekanntes singt. Ihre Hommage an die Sangeskunst schlägt den Bogen von Gospel bis Bebop, klar konturiert vom Timbre dieser Ausnahmekünstlerin, die mit 28 bereits als eines der grössten Talente des Jazzgesangs gefeiert wird. (fn)
WORLD Ernst Reijseger: Walking Out
(Winter&Winter 2017)
Der niederländische Cellist Ernst Reijseger ist ein Meister im Erschaffen von Klangräumen. Regisseure wie Werner Herzog lassen ihre Filme von ihm vertonen. Auch seine neue Suite ist ein farbenprächtiger Reigen von Stimmungen und Klangbildern, in denen sich Traditionen verschiedener Kulturen und Zeiten mischen. (fn)
CDs: Klassik
Rafal Blechacz: Bach
(Deutsche Grammophon 2017)
Der polnische Pianist Rafal Blechacz verblüffte die Welt im Jahr 2005, als er in Warschau als 20-Jähriger den Chopin-Wettbewerb gewann. 12 Jahre später widmet er sich Johann Sebastian Bach und überrascht einmal mehr: ein lyrisches Spiel, das immer vorwärts strebt, den dramatischen Ausdruck sucht und doch glasklar bleibt. (bez)
Sebastian Bohren: Op.2
(Sony 2017)
Auf den Mount Everest wagten sich der Schweizer Geiger Sebastian Bohren und das Kammerorchester Chaarts auf ihrer ersten CD. Nicht minder spektakulär ist nun «Op.2»: prächtig die Spiellust bei Felix Mendelssohn und Franz Schubert, eindrücklich die Ausdruckskraft Bohrens in Karl Amadeus Hartmanns «Concerto funebre». (bez)
Matthias Goerne: J.S. Bach, Cantatas for bass
(Harmonia Mundi 2017)
Als Beitrag zum «Reformationsjahr 2017» singt der 50-jährige Bariton Matthias Goerne die Bach-Kantaten «Ich will den Kreuzstab gerne tragen» und «Ich habe genug» mit balsamreicher Stimme: Dass Klangschönheiten und Ausdruck bisweilen mehr Gewicht als die Textdeutlichkeit erhalten, stört nie. (bez)
Rachel Harnisch: Hindemith, Das Marienleben
(Naxos 2017)
«Glaube» lautete das Thema vom Lucerne Festival 2012. Passend war der Auftritt der Schweizer Sopranistin Rachel Harnisch mit Paul Hindemiths Liedzyklus.
«Das Marienleben». 2014 fing man diese Stimmung im Studio perfekt ein. Harnisch erzählt die Verse von Rainer Maria Rilke mit Nach-druck und singt mit marienhaftschön bebender Stimme. (bez)
DVDs
Jakob Lass: Tiger Girl
91 Minuten (Constantin Film 2017)
Es war einer der deutschen «Abräumerfilme» an der Berlinale 2017. Jakob Lass erzählt die Geschichte der braven Vanilla und der kecken Tiger, die sich zu rebellischen Outlaws entwickeln. Ein kunstvolles, weitgehend improvisiertes Filmprojekt mit der umwerfenden Zürcherin Ella Rumpf als Tiger. (fn)
Josef Hader: Wilde Maus
103 Minuten (Frenetic 2017)
Der österreichische Kabarettist und Schauspieler Josef Hader debütiert hier als Regisseur und Drehbuchautor. Er verkörpert einen geschassten Musikkritiker, der Rache übt. Mit einem früheren Schulkameraden realisiert er eine neue Geschäftsidee: die Achterbahn «Wilde Maus» im Wiener Prater. Komisch. Lakonisch. Melancholisch und typisch österreichisch. (hau)
Jane Campion/Ariel Kleiman: Top of the Lake – China Girl
345 Minuten (Polyband 2017)
Staffel 2 erhältlich ab Mi, 6.12.
Staffel 1 der Mystery-Thriller-Serie «Top of the Lake» hat in der fantastischen Landschaft Neuseelands gespielt. In der neuen Staffel kehrt Polizistin Robin Griffin nach Sydney zurück, wo sie den Mord an einer Chinesin untersucht. Spannende Krimi-Kost mit der herausragenden Hauptdarstellerin Elisabeth Moss. (bc)
Jim Jarmusch: Paterson
118 Minuten (Weltkino 2017)
Viel passiert nicht im Leben des Busfahrers Paterson (Adam Driver): Jeden Tag verfasst er in der Mittagspause ein Gedicht auf einer Parkbank, abends kommt er heim zu Frau und Bulldogge. Der zart-melancholische Film des Kultregisseurs lebt von seinen skurrilen Figuren, dem lakonischen Humor bis ins kleinste Detail. Ein Filmjuwel in meditativen Bildern. (bc)
Belletristik
Hanne Ørstavik: Liebe
120 Seiten (Karl Rauch Verlag 2017)
Diese kurze, in simpel-lakonischer Sprache erzählte Geschichte ist herzzerreissend traurig und zugleich von inniger Wärme. Jon und seiner Mutter Vibeke leben in gemeinsamer Einsamkeit und fragloser Liebe nebeneinander her. In einer eisigen Winternacht kommen sie sich besonders nahe – und driften doch immer weiter auseinander. (fn)
Simone Buchholz: Beton Rouge
230 Seiten (Suhrkamp Taschenbuch 2017)
Krimi-Heldin Chastity Riley ist Staatsanwältin in Hamburg,
St. Pauli ihr bevorzugtes Biotop. Die Bücher von Simone Buchholz sind Oden an die schönste Stadt, die eben Hamburg heisst. Ihre Krimis leben vor allem von der Sprache. Thematisch geht es in die Medienwelt, in Abgründe hinab – «schnell, pointenreich, sehr, sehr gut geschrieben» («Die Zeit»). (hau)
Catalin Dorian Florescu: Der Nabel der Welt
239 Seiten (C.H. Beck 2017)
Entwurzelte und Gestrandete sind die Hauptfiguren in den neun Erzählungen des Zürcher Autors Catalin Dorian Florescu, der als 15-Jähriger aus Rumänien in die Schweiz flüchtete. In seinen poetischen Geschichten verbindet er die Welten zwischen Osten und Westen, Arm und Reich, und erzählt von den hochfliegenden Träumen der Menschen. (bc)
Werner Ryser: Die Revoluzzer
382 Seiten (Cosmos 2017)
Der Basler Schriftsteller verwebt Schicksalsgeschichten meisterhaft in historische Zusammenhänge. Jetzt hat er sich des Konflikts zwischen dem Grossbürgertum der Stadt Basel und der rebellischen Landschaft angenommen. Eine Patrizierin verliebt sich in einen «Revoluzzer» vom Oberen Hauenstein – ein emotionales und politisches Drama. (hü)
Sachbücher
Nikolaus Harnoncourt, Alice Harnoncourt (Hg.): Wir sind eine Entdeckergemeinschaft
208 Seiten (Residenz Verlag 2017)
Aufzeichnungen von Nikolaus Harnoncourt zeigen, wie eng der gefeierte Dirigent seit 1950 mit seinem Spezialistenorchester Concentus Musicus verbunden war. Rasch wird auf dieser vergnüglichen Welt- und Zeitreise klar, wie entschlossen dieses Ensemble für seine Sache kämpfte – und wie schnell man trotz anhaltender Kritik Erfolge feiern konnte. (bez)
Paul Widmer: Bundesrat Arthur Hoffmann
380 Seiten (NZZ Libro 2017)
Der St. Galler Bundesrat war im Ersten Weltkrieg der starke Mann der Landesregierung. Eigenmächtig knüpfte er unautorisierte Kontakte mit Berlin und Russland und verletzte damit die Neutralität – Hoffmanns abrupter Fall führte zu seinem Rücktritt. Der pensionierte Botschafter Paul Widmer vermittelt einen packenden Einblick in die Schweizer Diplomatie. (hü)
Philipp Blom: Die Welt aus den Angeln
302 Seiten (Hanser 2017)
Im 17. Jahrhundert erlebte Europa einen drastischen Temperaturrückgang, die Bildnisse der holländischen Maler zeugen davon. Autor Blom argumentiert, dass diese Kältewelle das Zeitalter der Erkenntnis und den gesellschaftlichen Wandel zu Beginn der Neuzeit beschleunigte – spannende Kulturgeschichte. (hü)
Barbara Weber-Ruppli: #Vatersein
240 Seiten (Arisverlag 2017)
Männer kommen hier zu Wort. Elf, teils betagte, Väter erzählen ihre Familiengeschichte: emotional, offen, ergreifend und ehrlich. Interviews mit dem Philosophen Yves Bossart oder dem Männeraktivisten Markus Theunert bringen aufschlussreiche Erkenntnisse zum Thema. Ein spannendes, facettenreiches Buch für Männer und Frauen bis 99 Jahre. (sch)
Hörbücher
Robert Seethaler: Die weiteren Aussichten
323 Minuten (Tacheles! 2017)
Der lange Herbert und die kugelrunde Hilde begeben sich in dieser tragikomischen Geschichte in das Abenteuer ihres Lebens: Robert Seethaler zeigt einmal mehr sein Gespür für Aussenseiter und erzählt mit leisem Humor, wie die beiden Antihelden ihren Weg finden. Der Autor und Schauspieler liest seine herzerwärmende Geschichte mit Schalk und Gelassenheit. (bc)
Graham Swift: Ein Festtag
257 Minuten (Der Audio Verlag 2017)
Iris Berben liest diesen Bestseller, der ein begeistertes Lese- und Hörpublikum findet. Die Geschichte aus dem ländlichen England des Jahres 1924 ist Sozialstudie und Welttheater zugleich. Eine atmosphärische Novelle über die Liebelei des adeligen Pauls mit dem Hausmädchen Jane,
die ein abruptes Ende findet. (fn)
Michelle Cuevas: Kasimir Karton
202 Minuten (Der Audio Verlag 2017)
Warum nur wird Kasimir Karton in der Schule nie aufgerufen, wenn er etwas weiss und sich meldet? Weshalb schlägt der Busfahrer ihm auf dem Schulweg die Tür vor der Nase zu? Beachtung und Verständnis findet Kasimir nur bei seiner Zwillingsschwester Fleur. Ein zauberhaftes Hörbuch für Kinder ab acht Jahren. (fn)
Geistergeschichten weltberühmter Autoren
518 Minuten (Audiobuch)
Wer kennt sie nicht? Edgar Allen Poes Geschichte vom «Fall des Hauses Usher», Oscar Wildes «Gespenst von Canterville» oder Guy de Maupassants «le Horla», der den Ich-Erzähler in den Wahnsinn treibt. Gruselig ist das vielleicht weniger, aber unheimlich bestimmt. Erzähler wie Andreas Fröhlich, Hubertus Gertzen oder Stefan Kaminski sorgen zusätzlich für ein nachhaltiges Erlebnis. Hörgenuss für «Hüttenabende», allein oder im Kreis der Familie – am besten am Kaminfeuer. (sch)