Geschäftsfeld Alpen
Begegnung mit dem vorromantischen Landschaftsmaler Caspar Wolf im Kunstmuseum Basel: Eine aussergewöhnliche Ausstellung.
Inhalt
Kulturtipp 22/2014
Letzte Aktualisierung:
15.10.2014
Rolf Hürzeler
Hochalpin? Man könnte es meinen. Das Gemälde (rechts) zeigt das Gadmental im Berner Oberland – mit dem Titlis und Wendengletscher im Hintergrund. Der Aargauer Maler Caspar Wolf konfrontierte 1778 den Betrachter mit einer bedrohlichen Landschaft in den Bergen. Dabei liegt das Gadmental auf exakt 1200 Metern Höhe und würde heute wohl kaum als hochalpin gelten. Es liegt an der Sustenpassstrasse und preist sich mit dem Gasthaus «Alte Post» als familiärer...
Hochalpin? Man könnte es meinen. Das Gemälde (rechts) zeigt das Gadmental im Berner Oberland – mit dem Titlis und Wendengletscher im Hintergrund. Der Aargauer Maler Caspar Wolf konfrontierte 1778 den Betrachter mit einer bedrohlichen Landschaft in den Bergen. Dabei liegt das Gadmental auf exakt 1200 Metern Höhe und würde heute wohl kaum als hochalpin gelten. Es liegt an der Sustenpassstrasse und preist sich mit dem Gasthaus «Alte Post» als familiärer Wintersportort an.
Berge als Freizeitpark
Die Alpenlandschaft als grandioser Freizeitpark ist eine moderne Vorstellung. Zur Zeit des aargauischen Künstlers Caspar Wolf (1735–1783) galt das Hochgebirge als unerreichbar. Künstler Wolf erkannte darin ein Geschäftsfeld und erschloss mit seinen Landschaftsbildern die Alpen für seine Kundschaft. Er vermittelte ihr damit eine Vorstellung des Unvorstellbaren. Die neue Basler Ausstellung «Caspar Wolf und die ästhetische Eroberung der Natur» mit 110 Werken macht dem Besucher nun den Stellenwert verständlich, der Caspar Wolf in der Entwicklung der Malerei zukommt. Zumal der Künstler nach «Wahrheit» strebte und sich an die erkennbare Wirklichkeit hielt – fernab jeder religiösen Interpretation, die bei seinen Zeitgenossen weit verbreitet war.
Caspar Wolf stammte aus einer armen, kinderreichen Familie in der aargauischen Freiämter Gemeinde Muri. Er kam dank des lokalen Klosters zu einer gewissen Bildung und liess sich in Süddeutschland zum Maler ausbilden. Weitere Stationen in seinem Leben waren Basel und vor allem Paris, wo ihn der 20 Jahre ältere Künstler Claude Joseph Vernet prägte – seinerseits ein Landschaftsmaler, der vor allem durch seine Gemälde französischer Hafenanlagen bekannt wurde.
Zurück in der Schweiz kam die grosse Zeit des Caspar Wolf: Im Auftrag eines Berner Verlegers wanderte er durch die weitgehend unbekannte Alpenlandschaft, ein damals kühnes Unterfangen. Wolf machte aus seinen Expeditionen künstlerische Naturerlebnisse. «Er zeigte die bürgerliche Vorstellung der Natur und ihre Domestizierbarkeit», schrieb die deutsche «Zeit» über eine frühere Ausstellung des Künstlers.
Gebrauchskünstler
Im Gegensatz zu einem Romantiker wie William Turner ein Jahrhundert später war Wolf ein Gebrauchskünstler. Er brachte 170 Werke in die Buchbände «Merkwürdige Prospekte aus den Schweizer Gebürgen» ein, die in einem komplizier-ten Mehrfarben-Tiefdruckverfahren hergestellt wurden.
Caspar Wolf und die ästhetische Eroberung der Natur
So, 19.10.–So, 1.2. Kunstmuseum Basel