Georg Meier Hippie-Geschichten
Ein wildes Leben scheint eine gute Basis für spannende Erzählungen zu sein. Das zeigt Georg Meiers Buch.
Inhalt
Kulturtipp 18/2011
Regula Pfeifer
Dieser Autor ist offensichtlich kein Schreibtischtäter. Will man dem Klappentext glauben, hat der gelernte Koch 1966 bis 1973 als Beatnik, Gammler und Hippie in europäischen Grossstädten und Gefängnissen gelebt, ist mehrmals nach Indien gereist und hat insgesamt drei Kneipen eröffnet.
Aus ebensolchen Erlebniswelten speisen sich die 15 Kurzgeschichten Georg Meiers, die unter dem Titel «Kein weiter Weg vom Puddingshop zum Père Lachaise» erschiene...
Dieser Autor ist offensichtlich kein Schreibtischtäter. Will man dem Klappentext glauben, hat der gelernte Koch 1966 bis 1973 als Beatnik, Gammler und Hippie in europäischen Grossstädten und Gefängnissen gelebt, ist mehrmals nach Indien gereist und hat insgesamt drei Kneipen eröffnet.
Aus ebensolchen Erlebniswelten speisen sich die 15 Kurzgeschichten Georg Meiers, die unter dem Titel «Kein weiter Weg vom Puddingshop zum Père Lachaise» erschienen sind. Mal geht es um einen Hippie und Dealer in Istanbul, mal um zwei kosovarische Drogenhändler in Augsburg, um eine Tramper-Party oder den im Desaster endenden Beizentraum eines jungen Paars. Drogen, Sex, Alkohol und die dazu passende Musik dominieren die Szenen. Wäre da nicht etwas zutiefst Menschliches, das diesen abgründigen Geschichten zugrunde liegt, man würde das Buch wohl rasch weglegen. So aber zieht es die Leserin (vermutlich auch den Leser) fasziniert bis leicht angewidert in den Sog dieser dunklen Typen.
Männerwelten prägen das Buch. Das beweisen die Hauptfiguren, deren sexualisierter Blick auf die Frauen, der Slang in den Dialogen und das männliche Gebahren, das in bestimmten Situationen angesagt scheint. Oft stehen Männerfreundschaften im Mittelpunkt. So erzählt «Urlaub, ganz locker» von den gemeinsamen Ferien zweier Freunde aus der Kindheit. Was als Einladung des reichen, überheblichen Konrad an den armen, beschränkten Lupo in ein vietnamesisches Hippie-Resort beginnt, führt unerwartet zur Umkehr der Rollen und schliesslich zur Trennung. Ein drastischeres Ende erfährt die Freundschaft des Bluffers Remmer mit dem zurückhaltenden Krahlmeyer. Der Zurückhaltende will sich für eine frühere Frauengeschichte beim Freund rächen, holt sich ein kaputtes Auge und versinkt im Alkohol. Der Bluffer hingegen findet wieder Frau und Erfolg.
Die Kurzgeschichten lesen sich süffig. Kurze Sätze, die radikale Sichtweise des Hauptdarstellers, der alles taxiert, unerwartete Wendungen und originelle Formulierungen versüssen beziehungsweise verschärfen die bittere literarische Kost. So fühlt sich der arme Lupo in Konrads Eigentumswohnung «fehl am Platz wie ein Igel unter Kuscheltieren». Und über Konrad heisst es: «Der Inhalt seines Lebens floss einfach ab wie das Badewasser nach dem Öffnen des Abflusses.»
[Buch]
Georg Meier
Kein weiter Weg vom Puddingshop
zum Père Lachaise
249 Seiten
(Dittrich 2011).
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