Ein Buchhändler auf Abwegen: Die Ära von M. Schwartz & Sons neigt sich definitiv dem Ende zu. Der Laden läuft nicht mehr und muss schliessen. So findet Murray Schwartz (Woody Allen) nach dem Besuch bei seiner Dermatologin Dr. Parker (Sharon Stone) zu einem neuen Geschäftsmodell. Er bietet seiner Ärztin und deren Freundin Selima (Sofía Vergara) einen Gigolo für einen flotten Dreier an. Den neuen Beruf ausüben soll Fioravante (John Turturro), Freund von Murray, bisher gelegentlicher Aushilfsbuchhändler, Klempner und Florist mit buchstäblich blumigem Namen. Allerdings hält er sich gar nicht für geeignet. Er sei nicht schön genug, um den Job seriös auszuüben. Darauf Murray: «Mick Jagger ist auch nicht schön.» Schliesslich willigt Fioravante ein, es lockt nämlich ein einträgliches Geschäft. Schon der Testbesuch bei Dr. Parker zeitigt mit 500 Dollar reichlich Trinkgeld, stolze 50 Prozent. Das rechnet sich locker beim Verteilschlüssel 60 (Fioravante) zu 40 (Murray).
Bunter Ethno-Mix
John Turturro ist nicht nur Regisseur und Hauptdarsteller, er amtet auch als Drehbuchautor von «Fading Gigolo». Seinem Freund Woody Allen hat er die Rolle von Murray auf den Leib geschrieben. Murray nennt sich übrigens standesgemäss «Dan Bongo». Seine Familienverhältnisse sind nicht recht durchschaubar: Er lebt zwar im Haushalt mit einer Afroamerikanerin, die aufgeweckten farbigen Kinder sind allerdings zu jung, um Murrays eigene zu sein.
Brooklyn bildet einmal mehr das bevorzugte Biotop, ethnisch eine bunte Mixtur aus Italo-Amerikanern, liberalen Juden, orthodoxen Chassidim, Afroamerikanern, weissen Angelsachsen. Hier kennen sie sich aus, Turturro wie Allen. Dessen Figur Murray vermittelt übrigens noch ganz andere Kundschaft als Dr. Parker und Selima: Auch die unglückliche chassidische Rabbiner-Witwe Abigail (gegen ihr Image: Vanessa Paradis in ihrer ersten US-amerikanischen Rolle) sucht käufliche Liebe.
Seit dem Tod ihres Mannes vor zwei Jahren ist Abigail mit ihren sechs Kindern allein. Richtig geliebt wurde sie in ihrem Leben bisher nie. Fioravantes Gigolo-Dienst in dieser Angelegenheit: eine züchtige, feinfühlige Rückenmassage. Damit bringe er «den Einsamen Magie» (Abigail). Mehr ist da nicht. Aber es ist im orthodoxen Verständnis natürlich viel zu viel. Es führt dazu, dass der verantwortliche kommerzielle Kuppler Murray von einem Sonderkommando entführt und vor einem Rabbi-Tribunal («Din-Thora») antreten muss.
Sanfte Komödie
Es scheint, als ob Fioravante seine Liebe zur verschlossenen Abigail entdeckt. Mehr als deutlich wird aber auch, dass Dovi (Liev Schreiber mit Schläfenlocken) seine Gefühle für sie viele Jahre bewahrt hat. Eifersüchtig verfolgt er jeden ihrer Schritte als Angehöriger der jüdischen Quartierpolizei «Shomrin» von Williamsburg, dem Stadtteil in Brooklyn. Heimlich liebt er Abigail seit Kindheitstagen.
John Turturro führt bei «Fading Gigolo» zum fünften Mal in seiner Filmkarriere selber Regie. Herausgekommen ist eine sanfte, melancholische Komödie mit gut aufgelegten Stars, ein lustiger Film über Liebe, Geld und Sehnsucht.
Fading Gigolo
Regie: John Turturro
Ab Do, 7.8., im Kino