«Es ist gegen die Natur, ein Kind zu verlieren.» Mit diesem Los kämpfen der Oberst und Lucienne, sein «altes Mädchen». Das Seniorenpaar trottet täglich zum Friedhof, um das Grab des jung verstorbenen Sohnes zu pflegen. Richtig lebensfähig war er nie: Als Baby benötigte er zwei Jahre ­intensiver Pflege, für die sich ­Lucienne ins Gartenhaus zurückgezogen hatte.

An diese Zeit erinnert sich die Fabrikantentochter. Und an die rauschenden Feste in der Villa, die sich heute nur noch sporadisch mit Leben füllt. An den Feiertagen, wenn die Töchter mit ­ihren Familien vorbeischauen. Dann taut selbst der Oberst etwas auf, obwohl ihm die Töchter egal sind. «Ich bin der Überlebende meines Sohnes», beklagt er das Aussterben seines Namens. Den beiden Alten bleibt die stille Freude an den Friedhofbesuchen. Sie freut sich über den Granitstein und die Erinnerung an den feschen Steinmetz. Die späte Liebe des Oberst gilt einem Friedhofskätzchen. «Gehen wir», sagt sich das Paar allabendlich als Refrain ihres alten Lebens.

Aus Thomas Hürlimanns starkem Text über Einsamkeit im Alter, über Trauer und Vergänglichkeit, der bereits 1989 erschienen ist, hat Jean-Claude Kuner eine Hör-Collage von packender Eindringlichkeit geschaffen. Die Hauptrollen sprechen Nadja Tiller und Fritz Lichtenhahn – beide über 80 und in dersel­ben Altersresidenz in Hamburg lebend.

Radio
Das Gartenhaus
Von Thomas Hürlimann
Hörspielbearbeitung/Regie: Jean-Claude Kuner
Fr, 13.5., 20.03 Radio SRF 1

Live
Zu Ohren kommen
Di, 10.5., 20.00
Theater Winkelwiese Zürich