Manche werden erschrecken ob diesem Stück, dessen Titel eher die Schwärze der Nacht zum Inhalt hat als deren Verklärung. Um Angst und Schmerz geht es darin, um Verlust, Einsamkeit und Tod. «Und um Trost», betont Laura de Weck per Mail. Und sie hat Recht. Am Ende ihres Stücks nämlich teilen sich die vier Figuren eine Schale Erdbeeren, die sie sich zuvor wechselseitig geschenkt hatten.
Skizzenhafte Handlung
Ein irrwitziger Schluss für ein ebensolches Kammerstück, das im luftleeren Raum einer tristen Abendszenerie spielt und Figuren zusammenbringt, die sich Floskeln an den Kopf werfen, nur um ihre wahren Gefühle nicht offenzulegen.
Da ist der sterbenskranke alte Mann, der mit seinem Schicksal hadert und sich an die letzten schönen Dinge klammert. Seinem Sohn dagegen ist die Lebensfreude längst abhandengekommen. Vali, Vaters Pflegerin, leidet an Liebesverlust. So sehr, dass sie darob gar alltägliche Dinge, wie ihren Schlüssel, verliert, weshalb sie die Nacht im Haus des Mannes verbringen muss. Dieser lässt – zur Belebung der tristen Schicksalsgemeinschaft – einen Penner von der Strasse holen, der den Verstand verloren hat und absurd dahinphilosophierend den Hofnarr gibt.
Damit ist die Szenerie des Stücks «Für die Nacht» umrissen und das Wichtigste an Handlung erzählt. Erneut entwirft Laura de Weck eher Skizzen als einen Plot, und um eine Botschaft geht es ihr zuletzt. «Ich beschäftige mich mit Kommunikationsmustern», sagt sie. Jetzt seien es jene des Verlustes. «Und daraus entsteht was anderes als bei der Beobachtung von Studenten», ergänzt de Weck in Anspielung auf ihr gefeiertes Debüt «Lieblingsmenschen» von 2007, das in einer Studenten-WG spielt.
Wie dort und in «SumSum», ihrem Zweitling von 2008, steht die Sprache im Zentrum des Geschehens. Und diese montiert de Weck rhythmisch zu einem Kammerstück auch im musikalischen Sinn. Musik bedeute ihr Emotion, Geist, Lust, Schmerz, erklärt Laura de Weck. «Das will ich im Theater auch erleben, weshalb ich musikalische Prinzipien auf die Sprache anwende.»
Ähnliches liesse sich zum Humor sagen. «Samuel Beckett ist einer meiner Lieblingsautoren», kommentiert Laura de Weck den Umstand, dass sie ihre Figuren Trost am ehesten im Nonsens finden lässt. Denn sie glaube, «dass das vermeintlich Sinnlose am meisten Sinn macht».
Ein Satz, der stutzig macht aus dem Mund einer jungen Frau, die grosse Erfolge feiert als Schauspielerin und Autorin. Die eine wohlbehütete Kindheit und Jugend in intellektuellem Elternhaus in Hamburg, Paris und Zürich genoss.
Frage ohne Antwort
Wie also kommt Laura de Weck zu einer derart düsteren Thematik? «Auch als junger Mensch gewinnt man nicht dauernd dazu, sondern verliert: Dinge, Träume und Menschen», sagt sie. Eine besonders schmerzhafte Erfahrung habe sie dazu gebracht, sich des Umgangs mit Verlust anzunehmen. Doch: «Ich habe auch durch die Arbeit am Stück keine Antwort auf die Frage gefunden, wie man damit umgeht.»
Dies wird Aufgabe von Werner Düggelin sein, der nach dem ersten nun auch das dritte Stück von Laura de Weck am Theater Basel uraufführt. Und in den
81-jährigen Regie-Altmeister hat die 29-jährige Autorin vollstes Vertrauen: «Wir haben eine gute Zusammenarbeit, weil wir nicht zusammenarbeiten.»