kulturtipp: Peter Bernhard, auf den «Schenkenberg»-Plakaten schauen alle Protagonisten unheimlich grimmig in die Welt. Ist die Rolle des Manrico ein Kampf für den Tenor, für Sie?
Peter Bernhard: «Il Trovatore» ist kein lustiges Stück. Alle vier Hauptpartien sind in dramatische Verwicklungen einbezogen. Drei davon sterben am Ende des Stückes. Aber die Rolle des Manrico ist kein Kampf, nein! Es ist ein Genuss, eine solche Partie singen zu dürfen. Allerdings kenne ich keinen Tenor, der nicht grossen Respekt vor der Partie hätte. So auch ich.
Ist der von der Handlung her verworrene «Trovatore» geeignet für eine Freiluft-Produktion auf einer grossen Bühne?
Absolut! Wir sind ja nicht die Ersten, die diese Oper im Freien produzieren. Mit unserer Sichtweise in der Zeit der Prohibition des Alkohols in Amerika in den 20ern bekommt das Stück sogar eine Durchlässigkeit und Verständlichkeit, die den Zuschauer ergreifen wird. Die Bühne erlaubt dem Publikum einen ungewohnt nahen Kontakt zum Protagonisten und Sänger, der das Verständnis enorm erleichtert.
Wo sehen Sie die grossen szenischen Herausforderungen?
Die Bühne bietet mit ihren Möglichkeiten viele Spielflächen. Ihre Grösse verlangt teils lange Wege. Da muss man als Sänger grösstmögliche Kontrolle über seine eigene Technik des Singens bewahren. Für den Zuschauer ein Vergnügen, für den Sänger eine Herausforderung, sich mit anderen Bedingungen als an einem Staatstheater abzufinden.
Das Stück ist leicht zu besetzen: Man braucht nur die vier besten Sänger der Welt. Ist der «Trovatore» für eine Freiluftproduktion nicht zu anspruchsvoll?
Die vier besten Sänger sind tot oder im Ruhestand. Es gibt heute keinen Luciano Pavarotti mehr, auch keinen Franco Corelli oder Franco Bonisolli. Auch Marilyn Horne oder Robert Merrill sind einzigartig.
Mit diesem Massstab könnte man diese Oper nicht mehr aufführen. Das Musiktheater hat sich weiterentwickelt. Die Zuschauer wollen heute auch szenisch befriedigt werden. Dem müssen wir Rechnung tragen.
Aber genügt das musikalisch?
Heute kann ich sagen, dass unsere Arena akustisch gut ist. Dennoch werden wir eine sanfte Unterstützung durch Mikrofone einrichten, da sich die Sänger rundherum bewegen müssen, um alle Zuhörer abdecken zu können. Wir haben dafür aus London ein System mit GPS-Ortung gemietet, das dem Publikum auf jedem Sitzplatz vollen Klang und Zuordnung des Sängers garantiert. Dennoch wird man die Stimmen zu 80 bis 90 Prozent direkt hören.
In St. Gallen, Solothurn, Pfäffikon ZH und Avenches VD spielte man diesen Sommer bereits Verdi-Opern. Kann Schinznach da mithalten?
Mary Elizabeth Williams hat in St. Gallen fantastische Kritiken für ihre Odabella erhalten. Sie singt bei uns Leonora (Sopran). Hrachuhi Bassenz (zweite Leonora) kam drei Tage verspätet zu den Proben, weil sie in Bussetto, dem Geburtsort Verdis, den zweiten Preis an einem internationalen Wettbewerb gewonnen hat. Ich glaube, dass wir wohl europaweit die einzigen Veranstalter sind, die ein «Freilicht-Opernhaus» in der Grösse aufstellen und keine bestehende Arena nutzen. Bregenz läuft sowieso ausser Konkurrenz und Verona ist Tradition pur, das ist unvergleichlich.
22 000 Karten liegen auf. Rund 15 000 müssen verkauft werden, um schwarze Zahlen zu schreiben. Schaffen Sie das?
Mittlerweile brauchen wir eine höhere Auslastung. Der Komfort des Publikums ist uns sehr wichtig; deshalb haben wir noch einige Investitionen zusätzlich getätigt. Weiter muss man eine Abweichung von fünf Prozent im Budget in Kauf nehmen. Bei einem 4-Millionen-Budget weiss man, was das heisst. Inzwischen sind über 11 000 Tickets verkauft. VIP-Gala-Tickets sind gar zu 85 Prozent weg.
Interview: Christian Berzins
Il Trovatore
Di, 13.8.–Mi, 21.8., Baumschule und Gartencenter Schinznach AG
Infos und Karten:
www.operschenkenberg.ch
Peter Bernhard
Der Aargauer Tenor Peter Bernhard erhielt seine Ausbildung beim schwedischen Tenor Nicolai Gedda (1999–2003) und wurde zwischen 2004 und 2009 vom ungarischen Sänger Mariá Alföldi betreut. Bernhard sang zahlreiche Tenorrollen von Biel bis Bergen und war Gründer der Freiluftoper Schenkenberg in Schinznach vor drei Jahren. Bizets «Carmen» war 2010 ein künstlerischer und ein Publikums-erfolg, 15 500 Zuschauer sahen das Spektakel.