Er gehört zu jener Generation von Musikern, die mit 70 noch voll im Saft sind und ständig neue Ideen verwirklichen. Fredy Studer sei auf dem Zenit seiner Karriere, frohlocken die Veranstalter des Jazz Festivals Willisau und präsentieren den umtriebigen Luzerner als Solodrummer.
Tatsächlich scheint Senior Studer nichts von jener Energie verloren zu haben, die ihn seit fast 50 Jahren durch sein klangbuntes Utopia zwischen Jazz, Rock und verschiedenen Mischbereichen treibt. Seinem legendären Schaffensmotto «no risk, no fun» folgend, ist Studer bis heute offen für Neues.
Wie Fritz Hauser, der diesen Sommer als Artist in Residence am Lucerne Festival weilt (siehe unten), zählt Fredy Studer zu den zahlreichen Schweizer Schlagzeugern, die dank ihrer Originalität internationale Bekanntheit erlangt haben. Weitere Beispiele sind Pierre Favre und Daniel Humair oder heute Julian Sartorius, Peter Conradin Zumthor und Lucas Niggli.
Doch während Hauser als Kopfmensch gerne konzeptuell arbeitet und austarierte Soloperformances gibt, fühlt sich Studer am wohlsten im kollektiven Klangverbund einer Band. «Für mich ist Musizieren eine Kunstform, die mit mehreren Leuten stattfindet», definiert er. Zu solchen «Leuten» zählen – unter vielen anderen – die deutschen Jazzer Rainer Brünighaus (Piano) und Markus Stockhausen (Trompete) oder die US-Drummerkollegen Jack DeJohnette und Paul Motian.
Sie alle waren und sind angetan vom musikalischen Energiebündel aus Luzern: Studers Markenzeichen besteht darin, sich behände zu bewegen zwischen Groove und Improvisation, zwischen Sound und Geräusch. Damit ist er auf über 100 Plattenaufnahmen zu hören.
In Willisau stellt Studer sein erstes Soloalbum vor
Als wichtigste Bands seiner bisherigen Karriere gelten das Quartett OM, das in den 1970er-Jahren den Jazzrock miterfand und international auf Resonanz stiess. Das Trio Koch–Schütz–Studer prägte die Klangsprache der Hardcore Chambermusic. Mit dem Quintett Phall Fatale wagt Studer mit jungen Kolleginnen und Kollegen seit 2008 Experimente zwischen Song und Elektronik. Wobei: Das Experimentieren gehöre in den Übungsraum, pflegt Studer zu betonen. Auf die Bühne steige er, um zu musizieren.
Und nun dies: Kollektivmusiker Studer legt erstmals Soloaufnahmen vor. «Now’s The Time» ist das Doppelalbum stimmig betitelt. Er habe früher schon hin und wieder Solokonzerte gegeben, sagt er, so richtig zufrieden sei er aber nie gewesen. «Erst nach meinem Solokonzert 2013 in Willisau hats mich gepackt», begründet er die Idee zum Album. Die Entstehungsgeschichte zog sich etwas hin, und da das ursprünglich geplante Text-Booklet bald zur Broschüre gewachsen sei, habe man gleich ein Buch daraus gemacht. So erscheint «Now’s The Time» als stattliche Box zu Studers 70. Geburtstag.
Die Texte zeigen Fredy Studer als Menschen und Musiker, begutachtet von verschiedenen Autoren und ausführlich interviewt von Musikjournalist und kulturtipp-Autor Pirmin Bossart. Seinen eigenen Beitrag hat Studer auf zwei LPs pressen lassen. «Mir war klar, dass es LPs sein würden», sagt er. «Wir wollten etwas Aussergewöhnliches machen in einer Zeit der Überflutung mit Massenware.»
Am Jazzfestival Willisau stellt Studer sein Werk vor: «Ich werde vom Material der LPs ausgehen», verrät er, betont aber, dass «die Improvisation ein wesentliches Moment darstellen wird.»
Radio SRF zeichnet das Willisauer Konzert auf und wird es im Laufe des Winters auf SRF 2 Kultur ausstrahlen.
LPs/Buch
Fredy Studer
Now’s The Time
2 LPs + Buch
(Everest Records/ Maniac Press 2018)
Konzerte
Sa, 1.9., 14.00 Festhalle Willisau LU
Fr, 28.9., 21.00 Le Singe Biel BE
«Ich finde es spannend, wenn ein Schlagzeug nicht wie ein Schlagzeug klingt»
Der Basler Schlagzeuger Fritz Hauser kuratiert und spielt am Lucerne Festival 13 Musikveranstaltungen.
Er ist ein Perkussions-Sonderling, und seine Konzerte sind stets auch Performances. Der 65-jährige Basler Fritz Hauser stellt Töne und Geräusche in den Raum und reibt sie an Zeit und Stille, an Licht und Schatten. Denn er weiss: Musik lebt nicht durch Töne allein. Dasselbe Stück nimmt andere Färbungen an – je nach Interpret und Instrument, nach bespieltem Raum, gewählter Zeit und begleitendem Licht. Solcherart wechselnde Rahmenbedingungen bringt Hauser gezielt ins Spiel, wenn er mit seinen Drumsets klingende Installationen kreiert.
«Ich finde es spannend, wenn ein Schlagzeug nicht wie ein Schlagzeug klingt», sagt Hauser im Programmheft des Lucerne Festivals und wird damit dem diesjährigen Festivalmotto «Kindheit» auf verspielte Art gerecht. Er ist ein Kopfmensch, der sich Konzepte und Settings ausdenkt – dann aber mit kindlicher Freude beobachtet, was bei der Umsetzung geschieht.
Als Artist in Residence verantwortet er 13 Aufführungen: vom Solokonzert über Duos mit Kollegen bis zum partizipativen Grossanlass. «Schraffur für KKL» heisst ein Projekt, bei dem er mit 300 Gästen den Konzertsaal in Handarbeit zum Klingen bringen will. Zum Auftakt seiner Residency präsentiert Hauser «Chortrommel»: Sein Schlagzeugtrio Klick spielt mit den Basler Madrigalisten und dem Contrapunkt Chor eigens komponierte Werke, die er bei namhaften Kolleginnen und Kollegen (von Helena Winkelmann über Mike Svoboda bis Vera Kappeler) in Auftrag gegeben hat.
Fritz Hauser am Lucerne Festival
Sa, 18.8.–So, 16.9.
KKL, Kunstmuseum, Neubad und Stadttheater Luzern
Infos unter: www.lucernefestival.ch
www.fritzhauser.ch