Jean Louis Ernest Meissonier war ein typischer Vertreter seiner Zeit: Er setzte in seinen wichtigsten Werken auf den damaligen Zeitgeist, den omnipräsenten Nationalismus im Bürgertum. Der Maler idealisierte militärische Heldentaten, auch wenn diese in einer Katastrophe endeten. So etwa in der Darstellung von Napoleon mit seiner Kavallerie «Campagne de France» aus dem Jahr 1864, die den Betrachter heute befremdlich anmutet. Napoleon war damals zwar längst tot; seine Feldzüge kosteten Tausende das Leben, aber das durfte das nationale Bewusstsein nicht trüben.
Die Unbekannten treffen auf bekannte Meister
Ernest Meissonier (1815–1891) wusste genau, was sein Publikum wünschte. Nämlich einen stolzen Feldherrn, auch wenn dieser in der «Campagne» von 1814 Niederlage um Niederlage erlitt, bis er nach Elba ins erste Exil musste.
Meissonier ist heute vergessen. Jetzt erinnert das Kunsthaus Zürich an ihn und andere unbekannte Zeitgenossen in seiner neuen Ausstellung «Gefeiert und verspottet – Französische Malerei 1820–1880». «Diese Künstler wurden durch den im deutschsprachigen Raum zu Beginn des 20. Jahrhunderts festgelegten Kanon der französischen Malerei jener Epoche ins Abseits gedrängt», wie es im Ausstellungstext heisst. Seither stehen sie im Schatten von bekannten Meistern wie Eugène Delacroix, Jean-Baptiste Camille Corot oder Auguste Renoir.
Zum Vergleich mit den Unbekannten sind auch Werke von diesen berühmten Malern zu sehen. Das ist ein spannender kuratorischer Ansatz: Da Qualitätsdiskussionen in solchen Fällen unerspriesslich sind, kann man nun trefflich rätseln, warum einzelne Namen heute geläufig sind und andere nicht.
Die gegenwärtige Umbauphase im Zürcher Kunsthaus erweist sich damit als gewinnbringend für das Publikum: Statt auf Blockbuster zu setzen, entwickeln die Verantwortlichen ungewöhnliche Ideen.
Auch Thomas Couture verdient Aufmerksamkeit
Zurück zu Meissonier. Er profitierte ebenso wie etwa der Vielschaffer Renoir vom aufstrebenden bürgerlichen Kunstmarkt, und dies mit Gemälden, die dem Betrachter das Individuelle des Porträtierten vermittelten. Den Wert der Individualität erkannte aber auch Meissonier selbst: Ein spätes Selbstporträt von 1889 zeigt ihn als einen weissbärtigen Apostel, der etwas abgehoben am Bildbetrachter vorbei in die Ferne schaut. Ähnlich werden seine damaligen Kunden sich gesehen haben. Meissonier war zu Lebzeiten ein berühmter Mann. An der Pariser Weltausstellung 1867 war er mit einer ganzen Reihe von Werken vertreten.
Mehr Aufmerksamkeit verdient auch das Werk von Thomas Couture (1815–1879), der besonders in seinen frühen Jahren in den französischen und deutschen Kunstkreisen verbreitet Anerkennung fand. Er steht für die damals gängige Verbindung von seiner Kunst und dem Unterricht, in dem er zahlreiche Maler der jüngeren Generation von Anselm Feuerbach bis zu Edouard Manet mitprägte.
Gefeiert und verspottet – Französische Malerei
1820–1880
Fr, 10.11.–So, 28.1.
Kunsthaus Zürich