Auf den ersten Blick haben die beiden Kunstwerke nichts, aber auch gar nichts gemeinsam: Das Ölgemälde des französischen Impressionisten Claude Monet und die Skulptur «Untitled (Go-Go Dancing Platform)» des verstorbenen kubanischen Installationskünstlers Félix González-Torres.
Und doch sticht ein verbindendes Element der beiden Objekte ins Auge – das Licht. Beim Avantgardisten Félix González-Torres (1957–1996) vermittelt das Kunstwerk den Eindruck einer entseelten Sexualität in einer verdrängten, schwulen Subkultur. Und bei Monet (1840–1926) überhöht die Wasserspiegelung den venezianischen Palazzo Contarini zu einem Sehnsuchtsort, der vieles verspricht und noch mehr verheimlicht.
Phänomen Licht
Diese beiden Kunstwerke sind in der neuen Ausstellung «Es werde Licht …: Von den Impressionisten zu Thomas Alva Edison» des St. Galler Kunstmuseums zu sehen. Der Titel deutet darauf hin, dass das Licht in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem eigenständigen Phänomen der Kunstsprache wurde. Hundert Jahre später kam es sogar als Medium selbst zum Einsatz – etwa mit Glühbirnen oder Neonröhren.
Technische Neuerungen erlaubten diese beiden Entwicklungen: Die Tubenfarbe ermöglichte den Künstlern, sich ohne fremde Hilfe mit dem Leben ausserhalb des Ateliers künstlerisch auseinanderzusetzen – mit Pinsel und Staffelei das Lichtspiel einzufangen. Die allgegenwärtige Verfügbarkeit von Strom im 20. Jahrhundert inspirierte Avantgardisten, die Lichteffekte zu nutzen, und zwar zu meist provokativ-gesellschaftskritischen Stellungnahmen. «Das Licht findet im Alltagsgebrauch als Werbung vom Glamour bis zum Erotiksalon Verwendung, ein Spektrum, wie es sich auch in der Lichtkunst niederschlägt», sagt Konrad Bitterli, Kurator der Ausstellung.
Ein breites Spektrum
Der Titel der Schau greift neben dem Bibelwort des alten Testamentes auch die Erinnerung an den Tüftler Thomas Alva Edison auf, dessen Erkenntnisse erst das künstliche Licht nutzbar machten. Dieser Gegensatz ist für Bitterli reizvoll: «Einerseits spielen die Impressionisten mit dem natürlichen Licht, indem sie es in seiner Flüchtigkeit einzufangen versuchen. Anderseits nutzen zeitgenössische Künstler das künstliche Licht als eigenes Medium.»
Diese ungewöhnliche und spannende St. Galler Ausstellung deckt ein weites künstlerisches Spektrum ab: Es reicht von Camille Pissarro über Alfred Sisley bis zu Camille Corot bei den Impressionisten. Unter den zeitgenössischen Künstlern finden sich Namen wie John M. Armleder, Dan Flavin oder Matthew McCaslin. Und die Ostschweiz ist mit Künstlern wie Pipilotti Rist und Alex Hanimann vertreten.
Bei allem Unterschied ihrer Werke: Allen dämmerte bei der Arbeit eine Inspiration gleichermassen – «Es werde Licht …»
«Es werde Licht …: Von den Impressionisten zu Thomas Alva Edison»
Sa, 4.7.–So, 25.10.
Kunstmuseum St. Gallen