Wer souverän scheitern möchte, nimmt sich am besten Flo Kaufmann zum Vorbild. Mit einer Mischung aus Stolz und Belustigung deutet er auf seine misslungenen Versuche, selber Glühbirnen herzustellen. Im Kunsthaus Langenthal hängen diese an einer Wand: verrusste Dinger aus Altglas und Nägeln, unförmig wie übergrosse Amöben. «Die funktionieren alle nicht», sagt Kaufmann, «aber irgendwann …»
Wenn einer das mit der Glühbirne hinkriegt, dann Flo Kaufmann. Der studierte Elektrotechniker hat in den vergangenen 20 Jahren schon Schreibmaschinen in Instrumente und Aludosen in Kunstrubine verwandelt. Als «Bricoleur universel» bezeichnet der Tüftler und Künstler sich selber. Und dieser Universalbastler führt an einem Freitagnachmittag durch die Ausstellung «Heim für obsolete Medien». Die Schau entführt Besucher mit unzähligen Objekten und einer Reihe von Kunstwerken in die Welt von Kaufmann und seinen befreundeten Künstlern.
Gleich am Eingang deutet Kaufmann auf einen Haufen alter Kameras, Kassettengeräte und Computerinnereien, der symbolisch für seine Arbeitsweise steht. «Der Ausgangspunkt für meine Objekte ist technisches Strandgut – Geräte, welche die Menschen wegwerfen», erklärt er. Und oft sei der Erstkontakt mit einem Objekt sehr wichtig. Ein Beispiel dafür hängt im gleichen Raum an der Wand: ein alter Standstaubsauger, den Kaufmann in eine Art Synthesizer-Gitarre verwandelt hat. Das altmodische Gerät war ihm am Strassenrand gleich ins Auge gestochen.
Dennoch weiss er nicht immer gleich zu Beginn, was aus seinen Funden entstehen wird. «Meine Arbeit besitzt eine kindliche Komponente: Sie besteht aus Basteln, Spielen, Ausprobieren und Scheitern. Scheitern gehört dazu.» Deshalb möge er auch den Begriff «Bricolage», fügt er an. Denn der stehe für einen Prozess mit offenem Ausgang.
Mit ansteckender Begeisterung erzählt Flo Kaufmann auf dem Rundgang durch seine Schau von vergessenen Geräten, von Ideen, die er ausbrütet, und Tondokumenten, die er noch bergen will. Mal deutet er auf ein Radio, das er mit sieben Jahren aus dem Sperrgut rettete. Mal steckt er fix ein obskures Medizingerät ein, um dessen einschüchterndes Knacksen und Summen vorzuführen. Mal zeigt er auf ein seltenes Tonbandgerät aus den 1940ern. «Das läuft jetzt noch nicht. Aber es nimmt mich total wunder, wie das klingt.»
Und kaum ist das Gespräch vorbei, verschwindet Flo Kaufmann in einem der Ausstellungsräume. Hier schraubt der befreundete Künstler Michael Egger gerade an einem Videosynthesizer, einer eindrücklichen Installation aus Bildschirmen. Kaufmann hat jetzt ebenfalls einen Schraubenzieher in der Hand. Wahre Tüftler ruhen nie.
H.o.Me. – Heim für obsolete Medien
Bis So, 20.6.
Kunsthaus Langenthal BE
Flo Kaufmanns Kulturtipps
DVD
Jean-Jacques Beineix: Diva (Arthaus 2017)
«Der Film von 1981 ist auch etwas für das verantwortlich, was ich mache. Da ist irgendwie alles drin: High Fidelity und riesige Lofts.»
Vinyl
White Noise: An Electric Storm (Universal Music 2008)
«Ein Meisterwerk der experimentellen Musik von 1969 mit unglaublicher Soundästhetik und Tiefe. Natürlich mit Tonband- schnipseln, Generatoren und frühen Synthesizern gemacht.»
Buch
Andy Guhl: Ear Lights, Eye Sounds (Periferia 2014)
«Ein wunderschönes Buch von einem der Schweizer Pioniere in Sachen Klang und Basteln. Damals waren die Geräte noch nicht obsolet. Immer wieder inspirierend.»