Eine 3D-Brille aus Kunststoff und ein Smartphone. Das ist alles, was einem Fiona Knecht für die Reise in ihre Welt aushändigt. Doch wer durch die Brille blickt, taucht sofort ab: Eine Eule gleitet einem aus dem Nachthimmel entgegen, und Philippe Starcks ikonische Zitronenpresse schiesst Sputnik gleich an den Sternen vorbei. Nur der dröhnende Bagger vor Knechts Laden scheint auf einmal nicht mehr zu existieren.
An einem Freitagmorgen hat die Zürcher Designerin das Scherengitter vor ihrer Boutique im Zürcher Langstrassenquartier nur zur Hälfte geöffnet. Betriebsferien. Doch das Lokal dient ihr auch als Atelier, und zu tun hat sie gerade viel.
«Die 3D-Brille ist erst ein Prototyp»
Knecht legt das Kunststoffgebilde auf ihren Stehtresen und spricht in einem Fluss über das Lackieren der Brillen und die Dias, die sie für den Gucker noch entwickeln muss.
Die Rede ist von «Stereoscopic Dream», Knechts Beitrag für die Design Biennale Zürich. Die Designerin stellt mehrere ihrer 3D-Brillen im Alten Botanischen Garten auf. Wer hindurchschaut, sieht stereoskopische Bilder des Parks und Knechts Illustrationen zu dreidimensionalen Traumlandschaften vereint. «Ich möchte, dass die Besucher in ein Paralleluniversum eintauchen.»
Glitzende Disco-Fliegen
Knecht öffnet auf ihrem Handy eine weitere Zeichnung mit glitzernden Disco-Fliegen. «Natürlich würde es mich freuen, wenn ich die Menschen damit zum Schmunzeln oder Staunen bringen könnte.»
Die studierte Industriedesignerin mag analoge Technologien wie ihre Stereoskopiegucker. Sie entwarf schon lebensgrosse Krippenspiele, Licht-Scherenschnitte und Polygon-Osterhasen zum Basteln. «Ich fasse Materialien wie Papier, Karton oder Stoffe beim Arbeiten halt gern an», erklärt sie.
Bekannt wurde sie vor allem durch ihre Entwürfe für das eigene Textillabel Fiona-K. Ihre letzte Kollektion diente ihr denn auch als Inspiration für «Stereoscopic Dream». In Windeseile tritt sie hinter dem Tresen hervor, greift sich ein Foulard von einem Tablar und faltet es zur vollen Grösse auf. Das 3D-Design zeigt eine Gottesanbeterin, die sich zwischen Blüten, Wasserspritzern und Zitronenschnitzen tummelt.
Von Jazz und Rock’n’Roll inspiriert
Woher stammen diese Bilderwelten? «Die Vintagemotive sind von Jazz und Rock’n’Roll inspiriert, mit dem ich zu Hause aufwuchs – aber eigentlich interessieren mich alle möglichen Geschichten.» Knecht holt weitere Foulards, Umhänge und Jacken mit Pin-up-Girls, Raketenglace und Motiven aus Shakespeares «Macbeth» hervor.
Etwas später steht sie wieder an ihrem Tresen. Hinter ihr an der Wand ein Leuchtplakat. Es zeigt einen Hasen, der auf einer Art Planet aus Blüten durchs Weltall zu schweben scheint. Das Universum der Fiona Knecht, unendliche Weiten.
Design Biennale Zürich
Fr, 1.9.–Di, 19.9.
Alter Botanischer Garten Zürich
Fiona Knechts Kulturtipps
Theater
Ohh! La La! Chérie!
«Die monatliche BurlesqueShow im Plaza in Zürich ist die perfekte Gelegenheit, in eine vergangene Welt einzutauchen.»
www.plaza-zurich.ch
Ausstellung
Wow Museum
«Wer optische Illusionen, kunterbunte Kulissen und witzige Selbstporträts mag, der wird in diesem Museum sicher Spass haben.»
www.wow-museum.ch
Film
Vincent Ward: Hinter dem Horizont (Universal Pictures Video 1999)
«Ein Liebesdrama mit Robin Williams aus dem Jahr 1998, in dem ein Gemälde das Tor zu einer fantastischen Traumwelt öffnet.»