Sie waren Freunde in jungen Jahren, damals in Chur. Sie hatten zusammen ihre wilden Zeiten. Einer ist «seriös» geworden, nach Genf gegangen, um zu studieren. Es ist der Regisseur dieses Films, Ivo Zen, Jahrgang 1970. Der andere Freund ist tot. Martin Felix (1971–2005) ist an seinem Drogenkonsum gestorben. Ivo Zen bekommt Jahre danach durch Martins Mutter die Tagebücher zu lesen. Mit seiner Unterstützung publizierte sie es 2013 in Buchform. Und jetzt der Film.
Freundschaft mit Schattenseiten
«Mit dem Film erzähle ich von Martin und von mir. Wer wir waren, und was wir sein wollten. Es ist die Geschichte einer Freundschaft, die auch ihre Schattenseiten hatte.» Das Tagebuch bildet das zentrale Material des Films. 15 Jahre lang hatte Martin Tagebuch geführt. Fein säuberlich in der ornamentalen Kurrentschrift hat er seine Erlebnisse und Gedanken niedergeschrieben. Die Mutter, Freunde, der Regisseur lesen selber vor der Kamera daraus vor. Der junge Schauspieler Flurin Giger leiht dem Verstorbenen seine Stimme. Vergangenheit trifft auf Vergegenwärtigung.
Dazu kommen als Zeugnisse von damals bewegte Bilder: Ausschnitte aus dem existenzialistisch-surrealen Kurzfilm «Mörfi», den Ivo Zen mit Martin in der Hauptrolle gedreht hatte: ein verstossener trauriger Clown, der durch Chur wandert. Verwendung findet ebenso Ivo Zens eigenes Super-8-Tagebuch aus früheren Zeiten.
Die Mutter charakterisiert ihren Sohn: «Er wollte das Absolute. Der Durchschnitt war ihm nicht genug.» Martin wollte hoch hinaus. Wie der listige Zaunkönig. Einen stilisierten Vogel zeichnete Martin immer wieder auf Schulbücher und Hefte.
Fatale Landung eines vermeintlich Listigen
Martins Maturaarbeit über einen Churer Aussenseiter trug den Titel «Zaunkönig – Strich an die Wand». Der Zaunkönig ist zudem «eine Metapher für den Drogenkonsum, der eine Möglichkeit ist, ohne beschwerliches Flügelschlagen, höher als alle anderen zu fliegen» (Regisseur Zen). Hoch und höher, um im tragischen Fall wie Martin fatal zu landen.
Zaunkönig – Tagebuch einer Freundschaft
Regie: Ivo Zen
Ab Do, 2.2., im Kino