Film «White Sun»: Eine Welt im Wandel
Im Film «White Sun» kehrt ein Sohn zur Beerdigung des Vaters in sein Heimatdorf am Himalaja zurück. Tradition trifft auf den neuen Geist der Zeit.
Inhalt
Kulturtipp 08/2017
Letzte Aktualisierung:
03.04.2017
Urs Hangartner
Eine buchstäblich gewichtige Metapher steht am Anfang: Dorfbewohner versuchen, eine schwere Leiche aus einem oberen Stockwerk durch das Fenster zu hieven. Der Tradition zufolge muss der Körper mit den Füssen voraus aus dem Haus getragen werden.
Für den jungen nepalesischen Regisseur Deepak Rauniyar ist der tote Körper «eine Metapher für die alte Verfassung und das Regime des Königs, das nach zehn Jahren Bürgerkrieg gestürzt wu...
Eine buchstäblich gewichtige Metapher steht am Anfang: Dorfbewohner versuchen, eine schwere Leiche aus einem oberen Stockwerk durch das Fenster zu hieven. Der Tradition zufolge muss der Körper mit den Füssen voraus aus dem Haus getragen werden.
Für den jungen nepalesischen Regisseur Deepak Rauniyar ist der tote Körper «eine Metapher für die alte Verfassung und das Regime des Königs, das nach zehn Jahren Bürgerkrieg gestürzt wurde». Von 1996 bis 2006 herrschte in Nepal Bürgerkrieg. Auf der einen Seite stand die Monarchie, auf der anderen agierten maoistische Widerstandskämpfer. Der Film spielt Ende 2015. Noch ist Nepal politisch instabil.
Einige hängen der alten Ordnung nach, halten an den hinduistischen Werten fest. Das erlebt Chandra, der zur Beerdigung des Vaters in sein Heimatdorf zurückkehrt. Der Tote war lange Dorfvorsteher, ein bekennender Royalist.
Von Politischem und von Individuellem
Doch die Welt hat sich gewandelt. Im Radio wird verkündet, dass die neue, demokratische Verfassung in Kraft tritt. Chandra hatte sich den Widerstandskämpfern angeschlossen und trifft auf eine politisch rückständige dörfliche Welt. Hier lebt seine alte Liebe Durga mit ihrer Tochter Pooja. Ist Chandra ihr Vater?
«Wir wussten nicht, ob ihr Maoisten an die Kremierung glaubt», sagt einer der Alten. Die Leiche soll von den beiden nächsten Angehörigen getragen werden und unten am Fluss bestattet werden. Der Körper auf der Bahre ist von der königlichen Flagge bedeckt. Der Leichentransport gerät aus dem Ruder. Anlass für komische Momente, die dieser Film auch kennt.
Der Film erzählt unterhaltend von Politischem und von Individuellem im heutigen Nepal. Mit Menschen und einer Gesellschaft in einer bewegten Zeit zwischen Aufbruch und Beharren, zwischen Tradition und Fortschritt.
White Sun
Regie: Deepak Rauniyar
Ab Do, 13.4., im Kino