Film: Wenn die Bauern um ihre Existenz bangen
Der kanadische Regisseur Mathieu Roy thematisiert im Dokfilm «Les dépossédés» die weltweite Krise in der Landwirtschaft. Wenige gewinnen, viele verlieren, wenn der freie Markt immer mächtiger wird.
Inhalt
Kulturtipp 20/2018
Urs Hangartner
Das Thema «Landwirtschaft und Nahrung» ist in einem doppelten Sinn global: Die Preispolitik liegt in der Hand weniger internationaler Firmen. Und: Es geht uns alle an. Regisseur Mathieu Roy versammelt dazu konkrete Beispiele aus aller Welt. Gedreht hat er in Afrika, Indien, Kanada, Brasilien und der Schweiz. Es geht um Menschen in der Krise, die Nahrungsmittel produzieren, selber aber zu wenig haben.
Zahlreiche Experten kommen vor der Kamera zu Wort mit Analysen und poin...
Das Thema «Landwirtschaft und Nahrung» ist in einem doppelten Sinn global: Die Preispolitik liegt in der Hand weniger internationaler Firmen. Und: Es geht uns alle an. Regisseur Mathieu Roy versammelt dazu konkrete Beispiele aus aller Welt. Gedreht hat er in Afrika, Indien, Kanada, Brasilien und der Schweiz. Es geht um Menschen in der Krise, die Nahrungsmittel produzieren, selber aber zu wenig haben.
Zahlreiche Experten kommen vor der Kamera zu Wort mit Analysen und pointierten Aussagen. In Not geraten zusehends Kleinbetriebe. Weltweit ist Landwirtschaft zu einem politisch sensiblen Thema geworden. Ein indischer Bauer zeigt die Missstände auf: Im Westen kaufe man eine Baumwolljeans für 80 Dollar. Der Bauer, der die Baumwolle produziere, erhalte davon einen Dollar – «Wo gehen die restlichen 79 Dollar hin?» Seine Antwort: «Die Dörfer werden ausgebeutet.» So einfach und so komplex.
Bei einer Versammlung indischer Kleinbauern werden die gerahmten Fotos einer Frau und eines Mannes gezeigt. Sie haben sich umgebracht. Nach einer Missernte konnten sie ein Bankdarlehen nicht zurückzahlen. Indien weist die grösste Suizidrate seit der Unabhängigkeit des Landes auf. Die Zahlen gehen in die Hunderttausende.
Ein Schweizer berichtet ebenfalls von existenziellen Nöten unter Bauern: Der Aktivist Claude Jaccoud erzählt von einem Telefonanruf, bei dem ein junger Bauer ihm ankündigte, sich aus Verzweiflung aufzuhängen. Andere werden zu Sozialfällen. Rationalisierung und Optimierung hiessen heute die Gebote. Jaccoud, der 33 Jahre als Milchkontrolleur unterwegs war, hat festgestellt: «Kühe tragen heute keine Namen mehr, sondern eine Nummer.»
Ein engagierter indischer Journalist fragt: «Wollen Sie die Kleinbauern retten oder den Kapitalismus oder sonst einen -ismus?» Ein anderer sagt: «Der Markt hat ein Evangelium: das der heiligen Gier.»
Les dépossédés – Bittere Ernte
Regie: Mathieu Roy
Ab Do, 27.9., im Kino