Film: Verbeugung vor Fassbinder
Der Franzose François Ozon variiert mit «Peter von Kant» einen 50 Jahre alten Filmstoff seines deutschen Vorbilds Rainer Werner Fassbinder.
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Kulturtipp 20/2022
Letzte Aktualisierung:
16.09.2022
Urs Hangartner
«Peter von Kant» beruht auf dem 1972 erschienenen Film «Die bitteren Tränen der Petra von Kant», den Fassbinder nach seinem gleichnamigen Bühnenstück realisierte: ein Kammerspiel mit melodramatischem Charakter. Ozons Film ist eine Uminterpretation und Hommage mit zahlreichen Anspielungen. Damals war es eine lesbische Dreierbeziehung um eine Modeschöpferin. Bei Ozon wird aus der Figur ein schwuler Filmregisseur mit deutlichen Zügen von Fassbinde...
«Peter von Kant» beruht auf dem 1972 erschienenen Film «Die bitteren Tränen der Petra von Kant», den Fassbinder nach seinem gleichnamigen Bühnenstück realisierte: ein Kammerspiel mit melodramatischem Charakter. Ozons Film ist eine Uminterpretation und Hommage mit zahlreichen Anspielungen. Damals war es eine lesbische Dreierbeziehung um eine Modeschöpferin. Bei Ozon wird aus der Figur ein schwuler Filmregisseur mit deutlichen Zügen von Fassbinder. Peter (Denis Ménochet) ist ein launischer, affektierter Unsympath, Champagnersäufer und Kokser. Eine Einblendung verortet das Geschehen: Köln 1972. Starregisseur Peter von Kant leistet sich einen dekadent-luxuriösen Lebensstil. In seiner barock-plüschigen Wohnung lässt er sich vom devoten, stumm bleibenden Sekretär Karl (Stefan Crepon) bedienen und ihn Drehbücher oder einen Brief an Romy Schneider tippen. Peter ist schlicht ein Ekel. Seine Freundin Sidonie wird es ihm an den Kopf werfen: «Du bist ein grosser Regisseur, aber ein menschliches Miststück.»
Der Förderer als Spielball des Geliebten
Isabelle Adjani spielt die Sängerin und Schauspielerin Sidonie. Peter hört eine Schallplatte von ihr, einen deutschen Song mit den Zeilen von Oscar Wilde: «Jeder tötet, was er liebt.» Es ist just jener Song, den Jeanne Moreau in Fassbinders letztem Film «Querelle» (1982) auf Englisch sang: «Each man kills the things he loves.» Sidonie macht Peter mit dem jungen Amir (Khalil Ben Gharbia) bekannt. Und schon ist es um den doppelt so Alten geschehen. Er verliebt sich in Amir, der dank Peter Karriere als Schauspieler machen wird. Dann lässt Amir seinen Geliebten und Förderer fallen. Alles in allem bietet «Peter von Kant» eine filmhistorische Reminiszenz des Vielfilmers Ozon an sein Vorbild Fassbinder: Der Franzose hat mit seinen 54 Jahren bereits 24 Filme gedreht. Bei Fassbinder, der nur 37 Jahre alt wurde, waren es über 40 Filme.
Peter von Kant
Regie: François Ozon
F 2022, 85 Minuten
Ab Do, 22.9., im Kino