Film «Une histoire de fou»: Für eine gerechte Sache
Geschichte und Gewalt: Robert Guédiguian erzählt davon in «Une histoire de fou» über die Armenien-Frage.
Inhalt
Kulturtipp 11/2016
Letzte Aktualisierung:
25.05.2016
Urs Hangartner
Die ersten 20 Minuten des Films sind schwarz-weiss und auf Deutsch. In Berlin ermordet 1921 ein Armenier einen Mann namens Talaat Pascha. Dieser war während des Ersten Weltkriegs als türkischer Minister verantwortlich für die Verbrechen am armenischen Volk mit Deportation und Genozid. Der von Hass geleitete Attentäter wird überraschend freigesprochen – «Ich habe einen Menschen getötet, aber ein Mörder bin ich nicht.»
Der Hass...
Die ersten 20 Minuten des Films sind schwarz-weiss und auf Deutsch. In Berlin ermordet 1921 ein Armenier einen Mann namens Talaat Pascha. Dieser war während des Ersten Weltkriegs als türkischer Minister verantwortlich für die Verbrechen am armenischen Volk mit Deportation und Genozid. Der von Hass geleitete Attentäter wird überraschend freigesprochen – «Ich habe einen Menschen getötet, aber ein Mörder bin ich nicht.»
Der Hass der Armenier im Exil hält sich über Generationen. Der Film wechselt ins Jahr 1981. Der junge Aram (Syrus Shahidi) aus Marseille zündet vor der türkischen Botschaft in Paris eine Bombe. Der Diplomat und sein Chauffeur sterben. Der Medizinstudent Gilles Tessier kommt mit dem Velo vorbei und wird zufälliges Opfer des Attentats. Seine Beine werden zerfetzt, er ist fortan auf Rollstuhl und Krücken angewiesen.
Eine Entschuldigung
Aram hat sich für den bewaffneten Kampf entschieden. Die Wände seines Zimmers daheim bei den Eltern sind mit Fotos von Che Guevara und einem Poster von Bruce Springsteen dekoriert. Er ist inzwischen im libanesischen Ausbildungslager der Befreiungsarmee gelandet, als seine Mutter Anouch (Ariane Ascaride) von Marseille nach Paris fliegt: Sie besucht Gilles im Spital, entschuldigt sich im Namen des armenischen Volkes und gesteht, dass ihr Sohn der Attentäter war.
Erstaunliches geschieht: Gilles will unbedingt Aram treffen. Er reist nach Marseille, wo er von dessen Familie aufgenommen wird. Schliesslich reist er zusammen mit Anouch nach Beirut; es kommt zu einem Treffen zwischen Täter und Opfer …
Der Film stellt viele komplexe Fragen moralischer Natur: Hat man das Recht zu töten im Kampf für eine gerechte Sache? Was ist eine gerechte Sache? Befreit sie von der Verantwortung für eine Gewalttat, wie im Kampf der Armenier? Regisseur Guédiguian, selber armenischer Abstammung, beantwortet die Fragen nicht in seinem 134 Minuten dauernden Werk. Er liefert mit diesem Film Vorschläge zum Verstehen der armenischen Frage.
Une histoire de fou
Regie: Robert Guédiguian
Ab Do, 26.5., im Kino