Die Katastrophe kommt, da sind sich Wissenschaftler einig. Die menschliche Zivilisation ist in absehbarer Zeit vom Untergang bedroht – wenn sich nichts ändert. Das ist die Ausgangslage im Film des Öko-Aktivisten Cyril Dion und der Schauspielerin Mélanie Laurent. Mit ihrer Crew haben sie sich aufgemacht, in zehn Ländern rund um den Erdball – von der US-Westküste über Europa bis nach Indien – Menschen und Organisationen zu finden, die alle auf ihre Art etwas dagegen tun. Im Alltag, im Kleinen, mit der stillen Hoffnung, dass sie dereinst global etwas bewirken können. Der Film baut nicht auf ein Schreckensszenario, sondern auf Lösungen.
«Landwirtschaft», «Demokratie», «Energie», «Wirtschaft» und «Bildung» heissen die fünf Kapitel, in die der Film gegliedert ist. Die Beispiele in «Tomorrow» sind anschaulich und verblüffen durch überzeugende Ansätze.
Autark dank Geothermie
Was passierte etwa in Detroit, der einstigen Auto-Metropole, die seit langem darniederliegt? Hier spriesst die Bewegung «Urban Farming»: Mitten in der Stadt werden Felder und Beete beackert, um Nahrung zu gewinnen. Auch anderswo auf der Welt wird die Landwirtschaft neu und ungewohnt realisiert.
In Kalifornien zeigt sich die Stadt San Francisco als vorbildlich: Das Abfallaufkommen ist hier auf null minimiert, weil alles rezykliert oder kompostiert wird. Island ist heute energetisch zu 100 Prozent autark dank Geothermie. Der Publizist Jeremy Rifkin sagt zu Energiefragen einmal im Film schön pointiert: «Die Sonne schickt keine Rechnung. Der Wind schickt keine Rechnung.»
Im Überschaubaren werden neue ökonomische Modelle ausprobiert. Etwa mit sogenannten Komplementärwährungen, die innerhalb eines bestimmten Systems funktionieren. Der englische Ort Totnes kennt ein eigenes Pfund, neckischerweise mit dem Wert «21». Es gilt in der Gemeinde als reales Zahlungsmittel. Der Film berücksichtigt auch ein Schweizer Beispiel für Komplementärwährung: In der als Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise 1934 gegründeten, auf Zinsen verzichtenden WIR-Bank sind heute 45 000 KMU-Betriebe zusammengeschlossen, in denen WIR-Geld zirkuliert.
Der Film nimmt sich ein dicht gedrängtes Programm mit immenser Faktenfülle vor. Dennoch kommt «Tomorrow» dank seiner Machart – auch der Musik der Singer-Songwriterin Fredrika Stahl – beschwingt daher. Er wirkt mit seiner unaufdringlichen Didaktik angenehm nachhaltig, indem er reichlich gedankenanregendes Material bietet.
«Tomorrow», ein Publikumshit an den französischen Kinokassen, wurde im Februar bei den César-Verleihungen als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet.
Tomorrow (Demain)
Regie: Cyril Dion, Mélanie Laurent
Ab Do, 26.5., im Kino