Ihn gab es wirklich: Forrest Tucker war legendärer Bankräuber, ein Leben lang. 16-mal ist er aus dem Gefängnis ausgebrochen. Er starb schliesslich hinter Gittern, während der Haft im Jahr 2004 im Alter von 83 Jahren. Der Film ist angelehnt an die Lebensgeschichte Tuckers, so wie sie in einem Porträt des Magazins «The New Yorker» 2003 erschienen war. Die Handlung ist der Wirklichkeit abgeschaut – «mostly true» heisst es im Vorspann. Ein schöner Rest ist frei erfunden.
Regisseur und Drehbuchautor David Lowery konzentriert sich auf die frühen 1980er-Jahre, wo alles noch gemächlicher vor sich ging, in einer Welt ohne Handy. Tucker besitzt etwa einen heute altmodisch anmutenden Ohrenstöpsel, mit dem er dem Polizeifunk lauscht. Tucker (Robert Redford) ist Anführer der «Over-the-Hill Gang». Die drei älteren Herren wollen es noch immer wissen.
Ein Gentleman-Gauner mit ungeladenem Revolver
Während jeweils draussen im Wagen Teddy Green (Danny Glover) wartet, betreten Waller (Tom Waits) und Tucker meist kleinere Bankfilialen in verschiedenen Bundesstaaten und «bitten» mit Nachdruck um Geld. Tucker hat seinen obligaten Hut aufgesetzt. Als Verkleidung reicht ein angeklebter Schnauz.
Sie verhalten sich immer anständig. Mit der Beute verlassen sie seelenruhig den Ort des Verbrechens und ziehen von dannen. Wie im richtigen Leben so auch im Film: Tucker bleibt während seiner langen kriminellen Karriere stets Gentleman, etwas, das ihm selbst die Opfer attestieren. Der Berufsbankräuber besitzt zwar einen Revolver, den er allerdings nie benutzt – er wäre auch gar nicht geladen.
Die Polizei ist hinter den Bankräubern her. Der Fall liegt bei John Hunt (Casey Affleck), bis das FBI übernimmt. Hunt bleibt auf eigene Initiative dran und wird Tucker sogar persönlich begegnen. Bei einer Verfolgungsjagd versucht Tucker zu fliehen, mit einem Auto und hoch zu Ross. Schliesslich wird er, einmal mehr, gefasst. Es ist noch nicht das Ende.
Anrührende Altersmelancholie
Mit im Spiel ist die Liebe in dieser augenzwinkernden, von anrührender Altersmelancholie durchzogenen Gangstergeschichte. Auf der Strasse trifft Tucker die verwitwete Pferdezüchterin Jewel (Sissy Spacek), zu der er zarte Bande knüpft. Sie holt ihn ab, als er wieder aus dem Gefängnis kommt. Am selben Tag überfällt Tucker vier Banken …
Der Film, der das Verbrecherische stets unspektakulär-verhalten inszeniert, reiht sich ein in einen gegenwärtigen Trend von rüstigen Rentnern mit krimineller Laufbahn. Clint Eastwood (*1930) ist im aktuellen Film «The Mule» als 90-jähriger Drogenkurier unterwegs. Im April wird der 1933 geborene Michael Caine im britischen «King Of Thieves» als 77-jähriger Dieb zu sehen sein.
Falls der 82-jährige Redford, wie er ankündigte, wirklich mit der Schauspielerei aufhören sollte, tritt er mit seinem jüngsten Film würdig ab – als Leinwand-Legende, die eine Gangster-Legende verkörpert.
The Old Man & The Gun
Regie: David Lowery
Ab Do, 7.3., im Kino