«Was ist denn das für ein schrottiges Gedudel?», fragt Karl «Charlie» Schmidt seine früheren Berliner Kumpels. Technomusik! Davon verkaufen sie 60 000 Platten pro Tag und machen jede Menge Geld. Sie sind reich geworden mit ihrem Label «Bumm Bumm Records».
Aber Geld allein macht nicht glücklich: «Wir brauchen was für die Seele.» So planen die «Bumm Bumm»-Leute ihre «Magical Mystery Tour» – «wie bei den Beatles, nur auf Techno». Bei der originalen «Magical Mystery Tour» (1967) handelt es sich um einen Musikfilm der Fab Four, übrigens einen der schlechtesten Filme überhaupt. Nicht so im aktuellen Fall; diese Produktion ist komisch und voller Drive.
Mit dem Mietbus auf die Reise
Die Verfilmung des gleichnamigen Romans (2013) von Sven Regener ist eine Fortsetzung von «Herr Lehmann». Beim Mauerfall erlitt die Künstlerfigur Charlie damals einen Zusammenbruch und landet in der Psychiatrie. Fünf Jahre später lebt Charlie in einer therapeutischen «Drogen-WG» in Hamburg. Man macht ihm ein Angebot: Er soll als Fahrer und Roadmanager, eine Art Mädchen für alles, mit auf die Tour durch Deutschland. 5000 Mark für 10 Tage. So geht es heimlich nach Berlin statt in die Ferien, wie es der WG-Therapeut will. Charlie ist für den Job prädestiniert. Denn: «Ich darf gar nichts mehr nehmen, nur Kaffee und Zigaretten.» Im Gegensatz zu allen anderen.
Zu zehnt sowie mit einem Meerschweinchen-Paar (Lolek und Bolek) geht es im Mietbus auf die Reise: von Berlin nach Bremen, Köln, München, Hamburg, Schrankenhusen-Borstel bis nach Dortmund, von Rave zu Rave. Label-Chef Ferdi (Detlev Buck) organisiert für den aufgedrehten Haufen «gemeinschaftsstiftende» Aktivitäten: Hofbräuhaus-Besuch in München, Hafenrundfahrt und Fischmarkt in Hamburg.
Charlie – «Ich bin ein Ex-Irrer mit Hang zu depressiven Schüben» – macht seinen Job gut. Als Meerschweinchen Lolek stirbt, findet er beim Abschied vor einer Mülltonne zu feierlichen Worten über «das Hippie-Ding»: Das bedeute nämlich, «dass jeder mitmachen kann, ein Meerschweinchen und einer wie ich».
Die Welt von damals – vortrefflich gezeichnet
«Magical Mystery» ist ein «historischer» Film, der in die 1990er-Jahre mit ihrem Techno-Boom eintaucht. Die Handys sind dick wie Backsteine. Die Welt ist, auch drogenbedingt, voller Euphorie. Darin steht Charlie wie ein Fels in der Brandung, während um ihn herum alles zu zappeln scheint. Charly Hübner gibt mit Langhaarfrisur glaubwürdig den guten Kerl. Das ganze Ensemble macht einen aufgestellten, frischen Eindruck bei der Interpretation der originellen Techno-Truppe.
Die Welt von damals ist, wie schon im Roman, trefflich gezeichnet. Dafür garantiert mit seinem Sinn für die richtigen Jargon-Worte Roman-Autor Sven Regener: Er hat das Drehbuch geschrieben, trifft den authentischen Ton und bewahrt den Geist des Romans. So stand einer erfreulichen Literaturadaption nichts im Weg.
Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt
Regie: Arne Feldhusen
Ab Do, 31.8., im Kino