Ein Frachtschiff legt an im Hafen von Helsinki. Im Laderaum klettert, rabenschwarz, ein Mann aus einem Kohlehaufen. Es ist der syrische Flüchtling Khaled (Sherwan Haji). Im nächsten Polizeiposten beantragt er Asyl. Khaled wird in einem Auffanglager untergebracht, wo er seinem Schicksalsgenossen Mazdak begegnet, der ihm bei Bedarf sein Handy ausleiht. Khaled gibt ihm die Nummer seines Cousins in Aleppo – «Falls du mal in der Gegend Ferien machen willst …»
Es folgen Befragungen durch die Einwanderungsbehörde. Khaled war Mechaniker in Aleppo. Eines Tages, als er nach Hause kam, «war alles in Schutt und Asche, meine ganze Familie ausgelöscht». Nur die Schwester Miriam hat überlebt.
Parallel dazu die Geschichte eines Mannes, der seine Frau verlässt. Sein Name: Waldemar Wikström (Sakari Kuosmanen), Handelsreisender in Sachen Hemden. «Ich möchte mich beruflich verändern.» Ohne jegliche Berufserfahrung bewirbt er sich für ein Restaurant. Er braucht mehr Geld. Das gewinnt er bei einer Pokerrunde in einem illegalen Club.
Dramatisches Treffen im «Goldenen Krug»
Die beiden Erzählstränge des Films berühren sich bei einem dramatischen Treffen. Wikström und Khaled prügeln sich, um anschliessend – beide mit Watte in den blutenden Nasen – im Restaurant am Tisch zu sitzen. Mit dabei: ein rauchender Koch, Türsteher Calamnius, Kellnerin Mirja. Khaled wird als Putzmann eingestellt.
Das Restaurant Goldener Krug läuft nicht gerade bestens. Gute Ideen sind gefragt. Es wird umgetauft in «Imperial Sushi». Als der mengenmässig völlig falsch berechnete Fisch für Sushi ausgeht, behilft man sich mit alten Salzheringen aus der Dose.
Khaled wird wiederholt von Mitgliedern der rechtsradikalen «Liberation Army Finnland» drangsaliert. Einmal retten ihn in letzter Minute ein paar einheimische Clochards, bis es ihm doch noch an den Kragen geht. Am Ende kommt es gut.
Alles ist wieder typisch Kaurismäki. Er erzählt lakonisch, seine Figuren handeln stoisch. Dazu passt das bewährte Dekor, in einem mit satten Farben gezeichneten Retro-Design gehalten. Wiederholt tauchen im Bild Musiker auf, die Sounds aus den Sixties spielen.
«Wir sind alle gleich, wir sind alle Menschen»
Es ist ein märchenhafter Realismus voller Figuren, die selbstverständlich und undramatisch Menschlichkeit beweisen. Wie der Lastwagenchauffeur, der Khaleds Schwester von Litauen über die Grenze nach Finnland schmuggelt. Geld will er dafür keines – «ich hatte ja eine Ladung auf der Hinfahrt».
Als ein Ziel seines Films formuliert Kaurismäki, «dass die Leute dazu gezwungen werden, zu verstehen, dass wir alle gleich, dass wir alle Menschen sind» – ein «tendenziöser Film, der ohne Skrupel die Ansichten und Meinungen seiner Zuschauer verändern will, indem er, um dieses Ziel zu erreichen, ihre Gefühle manipuliert».
Für «The Other Side Of Hope» erhielt Aki Kaurismäki im Februar bei der Berlinale den Silbernen Bären für die beste Regie. Mit Bedauern nimmt man da zur Kenntnis: Der 60-jährige Kaurismäki hat angekündigt, keine weiteren Filme mehr machen zu wollen.
The Other Side Of Hope
(Toivon tuolla puolen)
Regie: Aki Kaurismäki
Ab Do, 30.3., im Kino