In Alice Schmids «Die Kinder vom Napf» war sie eine Erstklässlerin. Das war 2011 (s. S. 16). Im neuen Film ist Laura Röösli 12-jährig. Mit ihrer Familie lebt sie auf dem Bergbauernhof in der Entlebucher Gemeinde Romoos.
Das Änziloch des Filmtitels ist eine geologisch ungewöhnliche Erscheinung auf gut 1000 Meter Höhe. Es handelt sich um eine Schlucht, die sich 200 Meter tief in den Hang schneidet. Im Volksglauben ist das Änziloch mit Sagenhaftem verbunden. Wenn es bei Gewittern rumpelt und grollt, sollen Steine im Loch immer wieder runterkugeln. Die Geister verstossener Menschen rollen die Steine vergebens nach oben. Oder eine Jungfrau lebt, so glauben einige, allein unten in der Schlucht. Bis heute bleibt das Änziloch ein verwunschener Ort.
Allein wie die Änziloch-Jungfrau
Laura Röösli aus Romoos wird sich dem Phänomen auf eine eigene Art nähern. Gerne fährt Laura auf einem motorisierten Vierrad über die Hänge. Am Schluss rattert sie damit zum Änziloch. Sie wagt sich mutig allein hinunter.
Immer wieder sieht und hört man Laura, wie sie sich dem Tagebuch anvertraut. Oft schläft sie schlecht. «Ich träume, ich wache am Morgen auf und meine Familie ist verschwunden. Ich bin ganz allein wie die Änziloch-Jungfrau.» Die Schlucht lässt Raum für zahllose Spekulationen. Ist etwas dran? Erwachsene Napfbewohner erinnern sich vor der Kamera, dies und das gehört zu haben und wie es früher gewesen sein soll. Einige glauben daran.
Auf dem Hof, den Laura mit ihrer Familie bewohnt, wimmelt es von Tieren: Strausse, Kühe, Ponys, Hunde, Kaninchen, Schafe. Ein lahmes Pony stirbt. Das Kaninchen wird geschlachtet. Beim Meiler ist es so weit: Mit Schaufeln und Förderband wird die Holzkohle gewonnen. Laura darf mit der eigens dafür vorgesehenen Maschine die abgepackten Säcke zunähen.
Alltäglich-naturalistisch und magisch
Tagebuch-Eintrag in einem der Sommermonate im Jahr 2015: «Ich würde an mir am liebsten meine Dicke wegzaubern.» Angesichts des angekündigten Landdienst-Jungen Thom (14) aus der Stadt schreibt sie: «Wir sind im Traum ein Paar geworden.» Thom kommt tatsächlich, für eine Woche. Er hilft mit bei kleineren Arbeiten, gemeinsam erkunden sie die Gegend. Im Nebel geht es gar einmal an den Abgrund zum Loch. Die Kinder spekulieren über das Änziloch und dessen angebliche Bewohnerin. Thom meldet sich nicht mehr. «Ich habe ihm eine SMS geschrieben, dass ich ihn nicht vermisse.»
Eigentlich wollte sie ihm das weisse Fell des Kaninchens schicken. Aber sie überlegt es sich anders. Nach dem Abstieg ins Loch schreibt sie ihm zum Schluss: «Ich habe die Änziloch-Jungfrau gesehen. Sie hat mit mir gesprochen. Ich sei gut so, wie ich bin.»
Der neue Napf-Film von Alice Schmid bewegt sich zwischen alltäglich-naturalistisch und magisch, dies nicht zuletzt der berückenden Natur-Landschaft und den Wetter-Atmosphären wegen. Und mittendrin als Sympathieträgerin die 12-jährige Laura.
Das Mädchen vom Änziloch
Regie: Alice Schmid
Ab Do, 9.2., im Kino