Film «Sac de Billes»: Auf der Flucht
Jüdische Kinder im besetzten Frankreich: Christian Duguay hat den autobiografischen Roman «Sac de Billes» des französischen Autors Joseph Joffo zwischen Idylle und grausamer Wirklichkeit verfilmt.
Inhalt
Kulturtipp 17/2017
Letzte Aktualisierung:
14.08.2017
Urs Hangartner
Im Zentrum steht die abenteuerliche Reise des 10-jährigen Jojo (Dorian Le Clech) und des zwei Jahre älteren Bruders Maurice. Es geht von Paris in den französischen Süden und wieder zurück. Es ist Krieg und die Familie Joffo jüdisch. In weiser Voraussicht schickt Vater Roman (Patrick Bruel) seine Kinder Richtung Côte d’Azur. Er selber, ein Coiffeur, war vor Pogromen in Russland in den Westen geflüchtet. Der kleine Jojo: «Und jetzt sind wir d...
Im Zentrum steht die abenteuerliche Reise des 10-jährigen Jojo (Dorian Le Clech) und des zwei Jahre älteren Bruders Maurice. Es geht von Paris in den französischen Süden und wieder zurück. Es ist Krieg und die Familie Joffo jüdisch. In weiser Voraussicht schickt Vater Roman (Patrick Bruel) seine Kinder Richtung Côte d’Azur. Er selber, ein Coiffeur, war vor Pogromen in Russland in den Westen geflüchtet. Der kleine Jojo: «Und jetzt sind wir dran?» Buchstäblich wird den Kindern im Ohrfeigentest eingebläut, gegenüber Fremden unter allen Umständen daran festzuhalten: «Ich bin kein Jude!»
Unterwegs begegnen sie einem Schlepper, der nichts Böses will, einem Priester, der zugunsten der Kinder lügt, Résistance-Kämpfern und einem Bauern, der sie mit dem Auto mitnimmt – sein Schwein heisst Adolf.
Zwischen Glück und Schmerz
Jojo trifft auf einen hilfsbereiten jüdischen Arzt und einen Buchhändler, der Pétain-Anhänger ist und dem Kleinen Arbeit gibt. Die Familie findet sich vereint in Nizza, um wieder auseinandergerissen zu werden. Alles scheint am Ende gut. Doch Vater Roman ist fort. Sein Weg führte nach Auschwitz.
Der Film versteht es, das Grausame mit dem Idyllischen, das Schöne mit dem Hässlichen zusammenzubringen. Glücksmomente wechseln sich mit melodramatischen und ernsten Momenten ab.
Zwei Jahre nach seinem Erscheinen 1973 ist der Roman von Joseph Joffo bereits verfilmt worden. Jacques Doillon hatte den Stoff auf die Leinwand gebracht. Jetzt hat der Kanadier Christian Duguay den längst zum Klassiker gewordenen internationalen Bestseller erneut fürs Kino adaptiert. Duguay sieht den Stoff seines Films nicht einfach nur historisch: «Die Erzählung ist sehr stark und leider so allgemeingültig, dass man darin auch die aktuelle Situation sehen muss: das Leid der Menschen, die heute auf der Flucht sind, aber auch ihre Glücksmomente.»
Sac de Billes
Regie: Christian Duguay
Ab Do, 17.8., im Kino