Film: Reizvolles Verwirrspiel
Ein wortreiches Kammerspiel: Arnaud Desplechin hat Philip Roths Roman «Täuschung» als Film adaptiert.
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Kulturtipp 12/2022
Urs Hangartner
Im Roman «Täuschung» von US-Autor Philip Roth (1933–2018) aus dem Jahr 1990 ist für einmal nicht seine Figur Nathan Zuckerman das Alter Ego des Autors. Der berühmte US-Autor im Werk heisst schlicht Philip.
Keinen Namen hat die Frau, die in der Filmadaption am Anfang erklärt: «Ich bleibe anonym. Ich bin 33 Jahre alt. Ich kenne alle seine Romane.» Léa Seydoux spielt die Geliebte von Philip (Denis Podalydès)...
Im Roman «Täuschung» von US-Autor Philip Roth (1933–2018) aus dem Jahr 1990 ist für einmal nicht seine Figur Nathan Zuckerman das Alter Ego des Autors. Der berühmte US-Autor im Werk heisst schlicht Philip.
Keinen Namen hat die Frau, die in der Filmadaption am Anfang erklärt: «Ich bleibe anonym. Ich bin 33 Jahre alt. Ich kenne alle seine Romane.» Léa Seydoux spielt die Geliebte von Philip (Denis Podalydès). Beide sind verheiratet. Sie treffen sich heimlich, reden viel, über die Liebe, über Gesellschaftliches, über Literatur. Ort und Zeit: «London – 1987». Der US-Autor weilt mit seiner Ehefrau in England. Wie sich im Laufe der Handlung in Rückblenden und Nebenszenen herausstellt, handelt es sich bei Philip offensichtlich um einen notorischen Frauenhelden.
Philip wird mehrerer Vergehen beschuldigt
Der englische Originaltitel «Deception» und die französische Übersetzung «Tromperie» haben beide mehrere Bedeutungen. Das Wort kann mit «Täuschung» übersetzt werden, es kann sowohl «Trug» (im Sinne von Illusion) bedeuten wie auch «Betrug». Im vorliegenden Fall ist auch «Ehebruch» gemeint. «Tromperie» spielt mit den Ebenen: Ist es real, was da geschieht, um am Ende Stoff eines Romans zu sein? Oder handelt es sich letztlich um reine Fiktion? Alles ist realistisch gefilmt und mutet theatral an, denn den grössten Anteil am Film haben dialogische Innenszenen, wenn die beiden sich in Philips Schreibatelier treffen. Auch eine absurde Gerichtsszene wird inszeniert: Eine Staatsanwältin beschuldigt Philip gleich mehrerer Vergehen, darunter Sexismus, Frauenfeindlichkeit, Frauenerniedrigung.
Philip hat schliesslich einen Roman geschrieben, der den englischen Titel «Deception» trägt. Zwei Jahre sind seit der letzten Begegnung mit seiner Geliebten vergangen. Ist es ihre Geschichte, wie sie sich abspielte? Es macht den Reiz des Films als Verwirrspiel aus, die Antworten offenzulassen.
Tromperie
Regie: Arnaud Desplechin
F 2021, 105 Minuten
Ab Do, 9.6., im Kino