Die Studentin Sally Alexander (Keira Knightley) gerät im Jahr 1970 in bewegte Kreise von Feministinnen. Unter ihnen die wilde Jo (Jessie Buckley), die mit ihren Kolleginnen Wände mit Parolen besprayt und mit Flugblättern verklebt. Sie diskutieren über Lohngleichheit, Geschlechterdiskriminierung oder Kinderbetreuung. Nun haben sich die Frauen ein konkretes Ziel vorgenommen: eine öffentlichkeitswirksame Demo gegen die Miss-Wahlen – nach ihrem Verständnis ein «Viehmarkt».
Vor dem Theater soll es eine Demonstration mit Rufen und Transparenten geben, drinnen eine Störaktion. Einige der Frauen haben Tickets gekauft, sich für den Anlass aufgebrezelt, um vor laufenden Kameras (100 Millionen Zuschauer!) Aufmerksamkeit zu heischen. Sie rufen «Schande über euch!», machen mit Rasseln Lärm, entrollen in den Saal geschmuggelte Transparente, werfen Mehlbomben auf die Bühne und schiessen mit Wasserpistolen. Am nächsten Tag ist ihre Aktion Thema auf den Titelseiten der Zeitungen – weltweit. Das verhilft der Frauenbewegung zu zünftigem Auftrieb.
Auf der anderen Seite: Die Kandidatinnen aus aller Welt, die für die Show vorbereitet werden. Südafrika hat aus politischen Gründen gleich zwei Frauen entsandt, eine weisse und eine dunkelhäutige.
Der Film spielt die Frauen nicht gegeneinander aus
Nach den Tumulten kommt es in der Damentoilette zu einer zufälligen Begegnung zwischen der Aktivistin Sally und Jennifer, die für Grenada angetreten ist. Die Feministin betont: «Ich bin nicht auf euch wütend.» Ihr entgegnet Jennifer, dass ein solcher Anlass aufzeigt, «dass du nicht weiss sein musst, um einen Platz in der Welt zu haben. Ich möchte deine Chancen im Leben haben.»
Bei aller Ernsthaftigkeit – an Humor mangelt es dem Film nicht. Als sich einige der Aktivistinnen für den entscheidenden Abend zurechtmachen, sagt eine: «Ich sehe aus wie meine Mutter.» Eine andere: «Und ich sehe aus wie das Sofa meiner Mutter.» Unfreiwillig komisch, aber realistisch abgebildet ist die männliche Sicht auf Frauen als Objekte, die man vermisst oder deren Äusseres man gern mit einem schlüpfrigen Spruch kommentiert.
Der Schluss des Filmes zeigt, was aus den Protagonistinnen geworden ist. Jennifer Hosten (im Film: Gugu Mbatha-Raw) aus Grenada, erste dunkelhäutige Siegerin des Wettbewerbs, studierte Politikwissenschaften und wurde mit 30 Commonwealth-Botschafterin in Kanada. Sally Alexander hat es in London zur Professorin für moderne Geschichte gebracht.
Der Regisseurin Philippa Lowthorpe ging es mit ihrem Film nie darum, die gegensätzlichen Frauen gegeneinander auszuspielen. Sie zeigt beide Seiten, lässt den Emanzipierten, Kämpferischen ebenso viel Raum wie den Wettbewerbs-Schönen. Herausgekommen ist ein gelungenes Stück Zeitgeschichte einer Epoche, als moderne Frauen sich gegen das Patriarchat zu erheben begannen. Mit Erfolg, wie die Geschichte zeigt.
Misbehaviour
Regie: Philippa Lowthorpe
Ab Do, 15.10., im Kino