Man wird an den Film «Boyhood» (2014) des US-Amerikaners Richard Linklater erinnert, der seinen Spielfilm übers Erwachsenwerden in «Realzeit» während zwölf Jahren drehte. Die französische Produktion «Play» von Anthony Marciano, bei der Hauptdarsteller Max Boublil als Co-Drehbuchautor mitwirkte, umfasst gar eine Zeitspanne von 25 Jahren. Das Besondere und Verblüffende an «Play»: Es sieht aus wie eine Dokumentation mit Film- beziehungsweise Videomaterial, dessen Aufnahmen während eines Vierteljahrhunderts gemacht wurden. Als ob reales Material, sogenanntes «Found Footage», zum vorliegenden Film montiert worden wäre.
Tatsächlich gaukelt der Film vor, man begegne über die lange Zeit realen Figuren, die älter werden. Es ist aber eine raffiniert getäuschte Wirklichkeit, die Anthony Marciano (*1979) vorlegt. Sein Generationenporträt am Beispiel einer Pariser Clique ist fiktiv, alles wurde gespielt, jede Figur von mindestens zwei verschiedenen Darstellerinnen oder Darstellern. Das Raffinierte am Film ist, wie er unmerklich das scheinbar Authentische herstellt.
Mit dem Soundtrack ihres Lebens
Im Mittelpunkt steht Max, der «Schöpfer» von allem. Seit Kindheitstagen filmt er ununterbrochen. Er verwendet die jeweils zeitgemässe Technik zur Bild- und Tonaufzeichnung, vom Camcorder, der Videokamera mit eingebautem Rekorder, bis zum iPhone. Die deklarierten Jahreszahlen mit den entsprechenden Ereignissen (etwa Fussball-WM 1998) und dem Soundtrack ihres Lebens: 1993 bis 2018. Max und die Seinen erträumen sich Zukunftsperspektiven, lieben und entlieben sich, streiten, scherzen, brechen das Studium ab, heiraten. Max etwa will Schauspieler werden, tourt mit einem Kellerbühnenensemble, verdingt sich in Werbespots. Bis er im Alter von 40 Jahren das tut, was nun der Film «Play» darstellt.
Seine wiedergefundene Jugendliebe Emma sagt am Schluss zu ihm: «Ich weiss, dass dieser Film dein Leben ist.»
Play
Regie: Anthony Marciano
Ab Do, 2.1., im Kino