Christian Labhart («Giovanni Segantini – Magie des Lichts») geht aufs Ganze und spannt einen grossen historischen Bogen über ein halbes Jahrhundert: Was ist in den letzten 50 Jahren aus den Träumen und Utopien einer besseren Welt geworden? Die «Trostmusik» von Johann Sebastian Bachs «Matthäuspassion» scheint immer wieder auf, wozu eigens eine Aufführung mit dem Collegium Vocale Gent in einer Brüsseler Fabrikhalle inszeniert wurde.
Bertolt Brechts gelesenes Gedicht «An die Nachgeborenen» («Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten …») bildet als Klammer den Anfang und den Schluss des Films. Mit Arundhati Roy, Slavoj Zizek oder Franz Kafka kommen weitere Stimmen zu Wort.
Labhart, geboren 1953, spiegelt die eigene Biografie am Weltenlauf, den geschichtlichen Ereignissen entlang, verschränkt das Private mit dem Politischen, als Beobachter, manchmal als Involvierter.
Biografische Selbstbefragung
Angefangen 1968: Christian Labhart ist 15, als er in Zürich zufällig mit den Strassendemos konfrontiert wird. Es folgen Vietnam, Gösgen (Anti-Atom-Bewegung), Zürcher Jugendbewegung in den 80er-Jahren, Tschernobyl, Mauerfall, 9/11, Bankenkrise 2008, Syrien, Mittelmeer-Flüchtlinge, Trump-Wahl 2016.
Der Film mixt historisches Material und neue, auf fünf Kontinenten entstandene Bilder. Gedreht haben sie die ausgezeichneten Kameramänner Simon Guy Fässler und der im Januar verstorbene Pio Corradi. Es sind Szenen vom Luxus, vom Überfluss des Materiellen, von Umweltzerstörung, Massentierhaltung, davon, was die Globalisierung angerichtet hat im Zeichen des Kapitalismus. Darunter finden sich eindrückliche Kontraste – wie jenes Bild, das Frauen in einem Fitnessstudio in Dubai zeigt, derweil die Fenster draussen von Migranten aus Bangladesh geputzt werden.
Mit «Was bleibt» ist das letzte Kapitel dieser biografischen Selbstbefragung im politisch-historischen Kontext überschrieben. Fazit: Die Welt ist nicht gut oder besser geworden.
Passion – Zwischen Revolte und Resignation
Regie: Christian Labhart
Ab Do, 18.4., im Kino