Film: Palästina ist überall
Der palästinensische Regisseur Elia Suleiman reist in «It Must Be Heaven» stoisch und staunend durch einen poetisch eingefangenen Alltag.
Inhalt
Kulturtipp 07/2020
Urs Hangartner
Still und stumm geht Elia Suleiman durch die Welt. Er blickt auf Alltagsszenen, die ins Absurde kippen. Die Kamera fängt alles ruhig ein in prachtvoller Poesie des Einfachen.
Es fängt im heimischen Nazareth an, wo der Nachbar in Suleimans Garten die Zitronenbäume giesst, stutzt und die Früchte klaut. Suleiman fliegt nach Paris, wo sich zu den Klängen von Nina Simones «I Put A Spell On You» eine Strassenmodeschau in Zeitlupe abspielt. E...
Still und stumm geht Elia Suleiman durch die Welt. Er blickt auf Alltagsszenen, die ins Absurde kippen. Die Kamera fängt alles ruhig ein in prachtvoller Poesie des Einfachen.
Es fängt im heimischen Nazareth an, wo der Nachbar in Suleimans Garten die Zitronenbäume giesst, stutzt und die Früchte klaut. Suleiman fliegt nach Paris, wo sich zu den Klängen von Nina Simones «I Put A Spell On You» eine Strassenmodeschau in Zeitlupe abspielt. Einmal paradieren Panzer und Pferde vorbei. Suleiman besucht einen Filmproduzenten. Dessen abschlägiger Bescheid: «Ihr Film ist zu wenig palästinensisch.»
Die Reise und die Suche nach einem Filmproduzenten gehen weiter nach New York. Im Taxi spricht Suleiman ein erstes Mal überhaupt: «Ich komme aus Nazareth» und «Ich bin Palästinenser», antwortet er dem afro-amerikanischen Chauffeur auf die Frage, wo er herkomme. Dieser flippt aus vor Freude ob dieser Nachricht und ruft seine Frau an: «Du glaubst nicht, wer in meinem Taxi fährt! – Karafat aus Nazareth.» Seinen Fahrgast, den er Karafat nennt, lässt er selbstverständlich gratis mitfahren.
Ein langsames filmisches Wunderwerk
Später im Film gibt ein Wahrsager die Anwort auf die Frage: «Wird es ein Palästina geben?» Sie heisst: «Nicht zu Ihren oder meinen Lebzeiten.» Und auch diese Wahrheit vernimmt man im Film: «Ihr seid das einzige Volk, das trinkt, um sich zu erinnern. Sonst trinkt alle Welt, um zu vergessen.» Der besondere Blick auf eine Welt, welche Komik in sich trägt, macht das Spannende aus in diesem schön langsamen filmischen Wunderwerk. In seinen früheren Filmen habe er versucht, Palästina als einen Mikrokosmos der Welt zu zeigen. Für das neue Werk gilt: «Ich versuche, die Welt zu zeigen, als sei sie ein Mikrokosmos von Palästina.» Suleiman spricht von «globaler geopolitischer Spannung», die er zeige anhand von Menschen überall auf der Welt in alltäglichen Situationen.
Regisseur Elia Suleiman blitzte in Frankreich wie in den USA ab bei Produzenten, denen er sein aktuelles Filmprojekt vorstellte. Trotz allem konnte er diesen wunderbar poetischen Film realisieren.
It Must Be Heaven
Regie: Elia Suleiman
Ab Do, 19.3., im Kino