Film: Menschen hinter Gittern
In Leonardo Di Costanzos Film «Ariaferma» begegnen sich Wärter und Häftlinge in einem bald ausgedienten italienischen Gefängnis auf ungewohnte Art.
Inhalt
Kulturtipp 25/2022
Urs Hangartner
Die Tage des Gefängnisses aus dem 19. Jahrhundert sind gezählt. Die ganze Belegschaft soll verlegt werden. Doch am neuen Ort hat es nicht genug Platz. Ein gutes Dutzend der Häftlinge muss bleiben, ein Provisorium auf unbestimmte Zeit.
Damit ist auch für eine Handvoll Wärter noch nicht Schluss. Die Insassen ziehen in Zellen in die Hof-Rotunde um. Gefängnisladen und Küche bleiben fortan zu, die Fertigmahlzeiten kommen vom Catering-Service. Doch diese...
Die Tage des Gefängnisses aus dem 19. Jahrhundert sind gezählt. Die ganze Belegschaft soll verlegt werden. Doch am neuen Ort hat es nicht genug Platz. Ein gutes Dutzend der Häftlinge muss bleiben, ein Provisorium auf unbestimmte Zeit.
Damit ist auch für eine Handvoll Wärter noch nicht Schluss. Die Insassen ziehen in Zellen in die Hof-Rotunde um. Gefängnisladen und Küche bleiben fortan zu, die Fertigmahlzeiten kommen vom Catering-Service. Doch diesen «ungeniessbaren Frass» wollen die Häftlinge nicht hinnehmen. Sie drohen mit Hungerstreik.
Der Insasse Carmine Lagioia (Silvio Orlando) schlägt vor, für Wärter und Häftlinge zu kochen. «Das Gefängnisleben ist hart, nicht wahr?» Diesen Satz sagt nicht etwa ein Aufseher zum Gefangenen. So äussert sich viel- mehr Don Carmine, ein Mafiaboss, «einer der Schlimmsten unter den Häftlingen», gegenüber dem Chefaufseher Gaetano (Toni Servillo).
Im Knast gilt es, Distanz zu wahren, auch wenn die ausserordentliche Lage beide Seiten näher zueinander bringt. So betont Gaetano: «Wir haben nichts gemeinsam. » Doch für kurze Zeit kommt es anders. Ein durch ein Gewitter verursachter Strom- ausfall zwingt die Wärter zu einer Ausnahmeregelung. Die Häftlinge rücken ihre kleinen Zellentische zu einer einzigen Tafel im Hof der Rotunde zusammen, wo sie gemeinsam mit den Wärtern essen.
Der Gefängnisort ist fiktiv. Er könnte irgendwo in Italien oder auf der Welt sein. Regisseur Di Costanzo meint zu seinem dritten Spielfilm: «Der Film handelt nicht von den Bedingungen in italienischen Gefängnissen. Er handelt vielmehr von der Absurdität der Einrichtung Gefängnis selber.» Und von den Menschen, die eingesperrt sind, von Menschen wie Carmine, für dessen verhaltene Darstellung Silvio Orlando den italienischen Filmpreis David di Donatello für die beste Schauspielleistung erhalten hat.
Ariaferma
Regie: Leonardo Di Costanzo
I/CH 2021, 117 Minuten
Ab Do, 8.12., im Kino