Film: Menschen der Landstrasse
In «Nomadland» von Chloé Zhao ist Frances McDormand als Wanderarbeiterin unterwegs. Der Film wurde vielfach ausgezeichnet – unter anderem mit drei Oscars.
Inhalt
Kulturtipp 12/2021
Urs Hangartner
«I’m not homeless, I’m houseless.» Obdachlos sei sie nicht, vielmehr einfach ohne Wohnung. Das erklärt Fern (Frances McDormand) einmal dem Kind einer Bekannten, die sie beim Einkaufen im Baumarkt trifft. Fern ist auf der Strasse unterwegs, hat aber ein Dach über dem Kopf: Sie lebt in einem als Camper eingerichteten Lieferwagen.
Bei aller Not auch neue Freiheiten gefunden
Unterwegs ist sie nicht freiwillig. Verwitwet und arbei...
«I’m not homeless, I’m houseless.» Obdachlos sei sie nicht, vielmehr einfach ohne Wohnung. Das erklärt Fern (Frances McDormand) einmal dem Kind einer Bekannten, die sie beim Einkaufen im Baumarkt trifft. Fern ist auf der Strasse unterwegs, hat aber ein Dach über dem Kopf: Sie lebt in einem als Camper eingerichteten Lieferwagen.
Bei aller Not auch neue Freiheiten gefunden
Unterwegs ist sie nicht freiwillig. Verwitwet und arbeitslos geworden, ist sie zum Fahren gezwungen, von Job zu Job. Als Aushilfe im Weihnachtsgeschäft von Amazon im Verteilzentrum, als Putzkraft auf einem Campingplatz oder in der Küche einer Hamburger-Bude.
Fern lernt Menschen kennen, die ihr Schicksal teilen und sich abends am Lagerfeuer ihre Geschichten erzählen. Ein modernes Prekariat versammelt sich «on the road», von den ökonomischen Umständen schwer getroffen. In den USA sind es Hunderttausende, die als moderne Arbeitsnomaden, als Wanderarbeiter auf der Strasse unterwegs sind. Bei aller Not haben es sich die Menschen eingerichtet, haben mitunter gar zu einer neuen Freiheit gefunden. Sie bewegen sich im Westen der USA vor Panorama-Landschaften, die aus einem Western stammen könnten.
Die chinesischstämmige Regisseurin und Drehbuchautorin Chloé Zhao («The Rider») stützt sich für ihren preisgekrönten Film auf das Buch «Nomaden der Arbeit – Überleben in den USA im 20. Jahrhundert» von Jessica Bruder. Leicht hätte es einfach ein politischer Kommentar über unrühmliche Zustände werden können. Zhao verzichtet darauf und legt den Fokus auf die Menschen, die sich in schwierigen Situationen bewähren.
Die Laiendarsteller sind Fahrende
Frances McDormand als Fern und David Strathairn als zeitweiliger Gefährte Dave sind die einzigen Profis vor der Kamera. Alle anderen tragen ihre richtigen Namen. Es sind Laien, das heisst hier: richtige Fahrende. Sie leben in einer traurigen Realität, die der Film so authentisch und echt zu vermitteln vermag.
Nomadland
Regie: Chloé Zhao
USA 2020, 108 Minuten
Ab Do, 10.6., im Kino