Film «Loveless»: Ein Milieu der Kälte
Der russische Regisseur Andrey Zvyagintsev zeichnet im Kinofilm «Loveless» ein tristes Bild von Menschen voller Gefühlskälte und Gleichgültigkeit.
Inhalt
Kulturtipp 10/2018
Letzte Aktualisierung:
27.04.2018
Urs Hangartner
Ein Junge spaziert nach Schulschluss auf einem lauschigen, verschneiten Waldweg am Flussufer heimwärts. Sein Zuhause ist ein Block in einer Satelliten-Siedlung. Die Eltern Zhenya und Boris stehen kurz vor der Scheidung. Beide sind schon neue Beziehungen eingegangen. Die gemeinsame Wohnung soll verkauft werden. Doch wohin mit dem Kind? Der 12-jährige Aljoscha bekommt es heimlich mit: Die Eltern streiten und befinden über sein weiteres Schicksal. Er soll in ein Internat, und dann...
Ein Junge spaziert nach Schulschluss auf einem lauschigen, verschneiten Waldweg am Flussufer heimwärts. Sein Zuhause ist ein Block in einer Satelliten-Siedlung. Die Eltern Zhenya und Boris stehen kurz vor der Scheidung. Beide sind schon neue Beziehungen eingegangen. Die gemeinsame Wohnung soll verkauft werden. Doch wohin mit dem Kind? Der 12-jährige Aljoscha bekommt es heimlich mit: Die Eltern streiten und befinden über sein weiteres Schicksal. Er soll in ein Internat, und dann müsse er eh ins Militär. Das Kind steht den Eltern mit ihren neuen Lebensplänen im Weg.
Die Kamera blickt auf Aljoschas Gesicht: der Ausdruck eines einsamen, verzweifelten Kindes, das einen stummen Schrei ausstösst. Das letzte Bild von Aljoscha zeigt ihn verstört auf seinem Bett sitzend. Dann ist er plötzlich verschwunden. Die Eltern merken es erst, als die Schulleitung anruft. Und die Polizei erweist sich als eher ignorant und untätig.
Parabel über Lieblosigkeit
Während die erste Hälfte des Films sich auf die Beziehungsgeschichten von Zhenya und Boris konzentriert, widmet sich der zweite Teil der Suche nach Aljoscha. Mittlerweile hat sich eine freiwillige Hilfsorganisation eingeschaltet. Aber der Junge bleibt unauffindbar.
Es ist ein tristes Russlandbild, das Regisseur Andrey Zvyagintsev («Leviathan») vermittelt: Nach einem Zeitsprung sieht man Zhenya und Boris in ihren neuen Lebensumständen. Das Glück haben sie nicht gefunden in dieser Parabel über Gefühlskälte, Gleichgültigkeit und Lieblosigkeit. Zvyagintsev betont, dass er nicht unbedingt von Dingen erzähle, die typisch russisch sind. Sein Befund gilt dort genauso wie anderswo
«Loveless» war für einen Oscar nominiert und wurde letztes Jahr in Cannes mit dem Jury-Preis ausgezeichnet.
Loveless
Regie: Andrey Zvyagintsev
Ab Do, 10.5., im Kino