Paris, Menschen zwischen Mitte 20 und Mitte 30. Da wäre einmal Emilie (Lucie Zhang), die aus Taiwan stammt. Sie hat an einer Elite-Uni studiert, doch sie arbeitet – bis zur Entlassung – in einem Callcenter. Wie die beiden weiteren Hauptfiguren im Film wird sie einen guten Monat später den Beruf wechseln. Vorerst lässt sie als neuen WG-Mitbewohner den Literatur-Lehrer Camille (Makita Samba) bei sich wohnen. Es wird schnell mehr als nur eine Zweckgemeinschaft.
Menschen auf der Suche
Nora (Noémie Merlant) kommt frisch aus der Provinz in Paris an, um ihr Jus-Studium zu beenden. Geschminkt und mit Perücke, wie sie sich für eine Studenten-Party zurechtmacht, gleicht sie fatal einer «Amber Sweet» (Jehnny Beth), einer Art Porno-Queen im Netz mit Live-Chatroom. Für Nora zeitigt ihre Ähnlichkeit einen Shitstorm, wenn etwa der ganze Hörsaal die vermeintliche Kommilitonin auf ihren Handy-Displays verfolgt.
Nora wird man später wieder treffen, wie sie in der Agentur bei Camille anheuert. Dieser ist inzwischen Makler geworden und macht Immobilien-Geschäfte. Emilie kellnert neuerdings im Speiserestaurant. Emilie ist weiter mit im Spiel, Nora und Camille nähern sich auch ausserberuflich an, während Nora mit ihrer Doppelgängerin im Internet eine persönliche Beziehung aufbaut.
Wie wird alles enden? Am Schluss wird jemand durchs Türöffner-Telefon ein «Je t’aime» sprechen. Die Menschen in diesem Film verlieben und entlieben sich, trennen sich und kommen zurück. Sie sind lebensfreudig und traurig und auf der Suche, sie verlieren sich und finden sich wieder zwischen Einsamkeit und Zweisamkeit.
Lose Geschichten, zu einem Reigen verknüpft
Die Bilder sind in anmutigem Schwarz-Weiss gehalten. Dadurch gewinnt «Les Olympiades» eine eigene Schönheit, fernab von Nostalgie. Es sind durch und durch gegenwärtige Bilder, die eine Grossstadtpoesie in Schwarz-Weiss entfalten, wo die Hochhaussiedlung mit dem Namen des Filmtitels im 13. Arrondissement im Süden von Paris nichts von Beton-Tristesse verströmt. Licht kommt oft von Handyscreens und Computerbildschirmen. Die jungen Menschen verständigen sich für eine gewünschte Nähe oder zum Austausch von Intimem aus der Ferne. Draussen pulsiert das Leben in der Stadt der Liebe.
Regisseur und Co-Autor Jacques Audiard (69) hat seit den 1970ern zahlreiche Drehbücher für andere geschrieben und selber Filme wie «De rouille et d’os» und «Un prophète» realisiert. Für «Les Olympiades» hat er sich die Mitarbeit von Jüngeren geholt. Die Co-Autorinnen werden im Abspann auch an erster Stelle genannt: die gefeierte Regisseurin Céline Sciamma («Portrait de la jeune fille en feu») und Léa Mysius (*1989). Ihr gemeinsames Drehbuch stützt sich als Vorlage auf drei Storys des US-amerikanischen Comic-Zeichners Adrian Tomine. Der Film bedient sich ihrer, um die losen Geschichten zu einem Reigen zu verknüpfen. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um das Wesen der Liebe.
Les Olympiades
Regie: Jacques Audiard
F 2021, 100 Minuten
Ab Do, 28.4., im Kino