So stellt sie sich Sterben vor: «Am gschiidschte wie d Indianer: ufem Baum chlättere und warte, bis me stirbt – eifach ohni Baum.» Die verwitwete Gertrud Forster (Monica Gubser) ist 89 und denkt an den Tod. Die alte Dame nennt ihn den «Langschlaaf». Lieber will sie gehen, bevor sie «gaga» wird. Sie spielt ernsthaft mit dem Gedanken, ihr Sterben selbstbestimmt zu gestalten.
Als ihr – ein Zeichen – ein Dachziegel fast auf den Kopf fällt und sich ein paar weitere unannehmliche Dinge ereignen, weckt das bei Gertrud den Verdacht, sie könnte an Demenz leiden. Wie es dann weitergeht, kann sie sich ausmalen. Die Erfahrungen eines Pflegheimaufenthalts kennt sie durch Besuche bei der befreundeten Dora (Elisabeth Schnell in einer stummen Rolle).
Komische Verwicklungen rund ums Thema Sterben
Sicherheitshalber hat Gertrud zahlreiche Post-its beschriftet, um zu Erledigendes nicht zu vergessen. Aber das tun auch junge Menschen. Ein deutlicher Fingerzeig müsste aber dies sein: Ein in Zürich lebender englischer Gentleman mit Namen George meldet sich und wirbt um Gertrud. Sie habe doch das entsprechende Profil auf die Dating-Plattform «Nevertooold.com» gestellt – es ist niemals zu spät für eine späte Liebe. Gertrud weiss von nichts.
Das Leben geht vorläufig weiter. Gertruds Lieblingsenkelin Meret («Tatort»-Kommissarin Delia Mayer) kommt öfter vorbei im Haus mit Umschwung, offensichtlich das Heim eines erfolgreichen Komponisten (goldene Schallplatten an der Wand). Geheim gehalten wird die wahre Funktion eines anderen Besuchers: Balz Sommer (Peter Jecklin) ist offiziell Gartenarchitekt, trifft Gertrud aber als Vertreter einer Sterbehilfe-Organisation. Komische Verwicklungen stellen sich ein, die Liebe lässt nicht auf sich warten. Und Gertruds 90. Geburtstag naht …
Rolf Lyssys Film behandelt ein ernstes, schweres Thema, das glücklicherweise leicht auf die Leinwand gebracht wird. Im Kern bleibt «Die letzte Pointe» eine – gelungene – Komödie über ein gern verdrängtes Thema. «Es geht nicht primär um Sterbehilfe, sondern um unsere Hilflosigkeit, wenns ums Sterben geht», merken die beiden Drehbuchautoren zu ihrem Film an.
Gemeinschaftswerk Lyssy/Bernet
Mit «Die letzte Pointe» hat Rolf Lyssy nach vielen Jahren, in denen er Dokumentarfilme drehte, wieder zum Spielfilm gefunden. Jahrelang waren die Bemühungen um die Gestaltung dieses Stoffes. Ein Spielfilm-Drehbuch allein zu schreiben, stand für Lyssy ausser Frage. So ist es zum Gemeinschaftswerk mit dem Autor Dominik Bernet («Der Bestatter», «Hunkeler»-Filme) gekommen.
Der Film gehört in den Zusammenhang von Publikumserfolgen der letzten Zeit, wo es um Alter und/oder Sterben geht: «Die Herbstzeitlosen», «Usfahrt Oerlike», «Der grosse Sommer». Gut möglich, dass sich Lyssys Film erfolgreich in die Liste einreiht. Rolf Lyssy (81) ist übrigens selbst dezidierter Befürworter der Sterbehilfe. Und «Die letzte Pointe» wird nicht sein letzter Film. Er ist bereits ein nächster in Planung.
Die letzte Pointe
Regie: Rolf Lyssy
Ab Do, 9.11., im Kino