Die französische Regisseurin Emmanuelle Bercot erzählt in ihrem beeindruckenden Spielfilm «La tête haute» die kriminelle Geschichte eines «Problemjugendlichen» – mit einem hoffnungsvollen Ende.Sie geben die Hoffnung nicht auf und legen aussergewöhnliche Geduld an den Tag. Ihnen liegt der scheinbar aussichtslose Fall am Herzen; gegen alle Widerstände versuchen sie, das verpfuschte Leben eines Unbelehrbaren zu retten. Allen voran die Kinder- und Jugendrichterin (Catherine Deneuve): Ihre Geduld dauert mehr als zehn Jahre. So lange wird sie mit dem Fall des renitenten Malony (Rod Paradot) verbunden bleiben.
Vaterlos aufgewachsen, in der Obhut einer überforderten alleinerziehenden Mutter, lässt sich Malony partout nicht bändigen. Für sie ist er «kriminell, seit er gehen kann». Und: «Ich habe ein Monster geboren.» Malony neigt zu Gewaltausbrüchen, schlägt gerne zu. Er klaut Autos für Spritzfahrten, auf denen er als Raser seinen
Geschwindigkeitsrausch erlebt. Einsicht in das Unrecht seines Treibens kennt er nicht.
Kein Gehör
Immer wieder trifft man sich im Büro der Richterin, regelmässig ermahnt sie ihn mit eindringlichen Worten – «Ergreif die Hände, die man dir reicht. Jetzt ist die Zeit dafür.» Malony hat kein Gehör für gut gemeinten Rat. Die Richterin verordnet erzieherische Massnahmen, schickt den jungen Delinquenten in offene oder geschlossene Vollzugsanstalten – vergeblich. Als sich der Sozialpädagoge Yann (Benoît Magimel) seiner annimmt, findet er zwar einen Zugang zu ihm, weil er selbst einst Heimkind war, aber bewirken kann er nicht viel. Erst Tess (Diane Rouxel), die junge Tochter einer Heimlehrerin, kommt Malony näher. Es entwickeln sich zarte, fragile Bande, die nicht lange zu halten scheinen.
Aber aufgeben gilt nicht. Auch wenn es mit dem Praktikum im Restaurant noch nicht klappt; dafür gefällt Malony der Job als Gabelstapelfahrer besser. Schliessslich geht die Richterin in Pension, und er entschliesst sich, mit Tess eine Familie zu gründen. Er, der den Blick meist gesenkt hat, geht nun seines Weges – mit erhobenem Haupt und stolz (die beiden Bedeutungen des französischen Filmtitels «La tête haute»).
Der Glaube ans Gute
Ein versöhnlicher Schluss für einen Film, der belegt, wie sich Geduld manchmal lohnt, und dass der Glaube an das Gute sich auszahlen kann – mit der heilenden Kraft der Liebe.
Inspiration für ihren neuen Film fand Regisseurin Emmanuelle Bercot in einer Kindheitserinnerung. Ein Onkel war Erzieher und organisierte Ferienlager mit «Problemjugendlichen». So kam die kleine Emmanuelle in Kontakt mit der ihr fremden Welt. Jahrzehnte später wurde es zum Filmthema, nicht dokumentarisch, sondern fiktional umgesetzt. Dafür konnte Bercot auf den Glücksfall Rod Paradot zählen. Der 18-jährige Gymnasiast stand hier ein erstes Mal überhaupt vor der Kamera. Er überzeugt als dreinschlagender und im Kern verletzlicher Jungkrimineller.
La tête haute
Regie: Emmanuelle Bercot
Ab Do, 10.9., im Kino