Am Ende löst der Film den Titel ein: Ein Mann kämpft in wilder Landschaft an einem Abhang gegen die Naturkraft. Er setzt sich stürmischem Wind aus, wird hin- und hergerissen, fällt um und steht wieder auf. Der englische Künstler Andy Goldsworthy kämpft im schottischen Dumfriesshire gegen die Elemente. Ein Mann, «Leaning Into The Wind», wie der Filmtitel lautet. Regisseur Thomas Riedelsheimer sagt dazu: «Goldworthy setzt sich aus, benutzt seinen Körper und will spüren.»
In Schottland, wo der Künstler seit 1985 lebt, befindet sich einer von Goldsworthys Lieblingsorten. Dorthin kehrt der Künstler immer wieder zurück, zu seiner Ulme mit den gelben Blättern. Goldsworthy kraxelt etwa horizontal durch eine Hecke. Nach einer Verschnaufpause will er sich gleich noch einmal durch das harte Gestrüpp kämpfen.
Spuren und Zeichen in der Landschaft setzen
Diese wilde Gegend ist eine von über einem Dutzend Landart-Orten auf vier Kontinenten, die in «Leaning Into The Wind» zu sehen sind. Während vier Jahren begleitete der deutsche Regisseur Thomas Riedelsheimer den Künstler. So kam es 16 Jahre nach dem filmischen Grosserfolg von «Rivers And Tides» erneut zu einer Zusammenarbeit. Bei der Produktivität und Kreativität eines Andy Goldsworthy war klar, dass ein neuerliches gemeinsames Unternehmen genug ergiebig sein würde.
Andy Goldsworthy arbeitet allein, zusammen mit seiner Tochter Holly oder mit einem Team von Mitarbeitern und aufwendigem Maschinenpark wie Bagger und Kran. Immer geht es ihm darum, mit Eingriffen Spuren und Zeichen in der Landschaft zu setzen, sanft einzugreifen mit den vorgegebenen natürlichen Materialien Holz, Stein, Blätter.
Die Stadt gehört für ihn zur Natur. Da hat es etwa Gebüsche, durch die er sich unsichtbar bewegt, um Passanten zu irritieren. Oder er belegt eine öffentliche Steintreppe mit farbigen Blättern. Dann schafft er Künstlerisches einfach im Daliegen, indem er sich rücklings auf einem Trottoir platziert. Es regnet, und der für eine kurze Zeit trockene Abdruck zeigt die flüchtige Silhouette. Man könne, erklärt er, «unter die Oberfläche der Stadt gehen, um Natur zu finden».
Goldsworthy ist ernst bei der Sache, ein seriöser Schaffer, kennt aber auch eine charmante Verschmitztheit. Er sagt im Film, «alles ist Natur» und ist nach all den Jahren zu keinem verbindlichen Schluss gekommen: «Ich versuche immer noch, die Welt zu verstehen.» Klarheit will er, kein Mysterium. Im Wind stehend spürt er der Balance nach. Er ist immer noch auf dem Weg, sie zu erreichen – «ich falle oft und stolpere».
Leaning Into The Wind
Regie: Thomas Riedelsheimer
Ab Do, 1.3., im Kino