«Bob, ich werde eines Tages berühmt sein.» An diesen Satz von Janis Joplin erinnert sich im Film der Musiker Bob Weir von der Band Grateful Dead. Damals habe er ihr ironisch geantwortet: «Ja, wir werden alle eines Tages berühmt sein.» Beide wurden tatsächlich berühmt.
Janis Joplin (1943–1970) wurde zwar berühmt – und blieb doch zeitlebens unglücklich. Die Musik, der Blues vor allem, war ihr Mittel, um aus dem Korsett auszubrechen, das ihr gesellschaftliches Umfeld im provinziellen Port Arthur, Texas, schuf.
Weiblicher Rockstar
An der Highschool bleibt sie jahrelang Aussenseiterin. Hier wird sie gar, welche Gemeinheit, als «hässlichster Mann des Jahres» gewählt. Mit dem Umzug nach San Francisco taucht sie ein in die Subkultur der Sixties, sie nimmt teil am Aufbruch mit freier Liebe, Drogen – und natürlich Musik. Spätestens nach den Auftritten bei den Festivals von Monterey und Woodstock wird Janis Joplin der erste weibliche Rockstar, der einen festen Platz in der Popgeschichte erhält. Bis heute bleibt sie Vorbild für viele nachgeborene Sängerinnen.
Die jüngere Schwester Laura sagt im Film, dass Janis die gesellschaftliche Akzeptanz, die sie immer gesucht hat, in der Musik der 1960er-Jahre gefunden hatte. Sie gibt nebst Zeitzeugen, Weggefährten, dem Bruder Michael und Liebhabern vor der Kamera Auskunft. Dazu kommen viel ungehörtes und ungesehenes Ton- und Bildmaterial sowie persönliche Briefe von Janis Joplin, etwa an ihre Eltern. Indie-Singer-Songwriterin Cat Power liest sie vor.
Unter den Zeitzeugen ist TV-Moderator Dick Cavett. Er hat Janis Joplin im US-Fernsehen einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht. Zum Schmunzeln Anlass gibt Cavetts Aussage, dass er sich nicht daran erinnern kann (oder will), ob zwischen ihm und Janis mehr war als nur Freundschaft …
Leben voller Tragik
Der Film gibt berührenden Einblick in ein kurzes Leben, das von Tragik überschattet war. Regisseurin Amy J. Berg: «Bei all der Anbetung und Bewunderung, die sie und ihre Musik auslösten, verwundern am meisten die tiefe Einsamkeit und das Gefühl, nicht geliebt zu werden, das sie oft empfand, wenn die Massen nach Hause gingen. Musik wurde zu ihrem Lebensinhalt, und ihre Auftritte waren der Puls, der sie zum Weitermachen trieb.»
Zur Ruhe kommt Janis Joplin einmal für ein paar Monate in Brasilien. Hier trifft sie den Weltenbummler David Niehaus, der nicht weiss, wer die im Norden berühmte Sängerin ist. Es wird eine Liebesgeschichte daraus, die nicht lange währt. Die einzig glückliche, immerhin. Für immer Ruhe findet Joplin am 4. Oktober 1970. Sie stirbt mit 27 Jahren an einer Überdosis Heroin.
Natürlich gehört viel Musik zu einer Dokumentation über Janis Joplin. Zu hören sind rund 30 Songs. Darunter zum Schluss der Titelsong: «Little Girl Blue» aus der Feder von Richard Rodgers und Lorenz Hart. Es ist, als würde sie von sich selber singen, wenn es unter anderem heisst: «Oh, I know you’re unhappy.»
Janis: Little Girl Blue
Regie: Amy J. Berg
Ab Do, 14.1., im Kino