Film: In den Fängen der Taliban
In «Und morgen seid ihr tot» zeichnet Michael Steiner das Geiseldrama von Pakistan mit einem Schweizer Paar nach. Eine zwiespältige Sache.
Inhalt
Kulturtipp 22/2021
Urs Hangartner
War es schlicht Naivität oder gar Fahrlässigkeit? 2011 fuhr das junge Schweizer Polizisten-Paar Daniela Widmer und David Och auf der Rückreise von Indien durch gefährliches Gebiet. In Pakistan mussten sie von einer Polizeieskorte begleitet werden. Dennoch wurden Widmer und Och von den Taliban entführt. 259 Tage lebten sie in Geiselhaft, bis ihnen die Flucht gelang. Lösegeld aus der Schweiz soll nicht geflossen sein.
Das dramatische Geschehen hat Mi...
War es schlicht Naivität oder gar Fahrlässigkeit? 2011 fuhr das junge Schweizer Polizisten-Paar Daniela Widmer und David Och auf der Rückreise von Indien durch gefährliches Gebiet. In Pakistan mussten sie von einer Polizeieskorte begleitet werden. Dennoch wurden Widmer und Och von den Taliban entführt. 259 Tage lebten sie in Geiselhaft, bis ihnen die Flucht gelang. Lösegeld aus der Schweiz soll nicht geflossen sein.
Das dramatische Geschehen hat Michael Steiner («Grounding», «Wolkenbruch») als Spielfilm nachgestellt, «nach einer wahren Geschichte» mit Morgane Ferru und Sven Schelker in den Hauptrollen. Widmer und Och haben 2013 das Buch «Und morgen seid ihr tot» über ihre Erlebnisse veröffentlicht. Darauf stützt sich das Drehbuch von Urs Bühler unter anderem. Konsequent erlebt man das Geschehen aus der Perspektive der beiden mit. Gewalt, Spannungen, Niedergeschlagenheit, Krankheit, Annäherung von Gefangenen und Bewachern, kriegerisches Geschehen, Flucht – all das steckt drin.
Auf der Pistole steht «Made in Switzerland»
Da kann etwa David Och im Film bei einer Begegnung mit einem Taliban-Kommandanten noch so sehr betonen, sie seien Schweizer, keine Amerikaner. Die Antwort: «Für uns seid ihr alle gleich.» Och pocht auf sein Schweizersein, sie kämen aus einem Land, das keinen Krieg führt, das neutral sei. Der Kommandant zeigt ihm eine Pistole, darauf ist eingeprägt: «Made in Switzerland»...
Regisseur Michael Steiner wollte mit seinem Spielfilm die persönliche Geschichte der beiden erzählen und betonte: «Es geht mir um Wahrheit und Gerechtigkeit.» Er verfolgt sein Ziel mit einem soliden Spannungsfilm inklusive Action. Im Gegensatz zum pakistanischen Abenteuer wirken die Szenen in der Schweiz mit den Behördenvertretern und den Eltern etwas hölzern. Der Zwiespalt bleibt auch nach dem Film: Was ist vom Reiseabenteuer der beiden und ihrer Fluchtgeschichte letztlich zu halten?
Und morgen seid ihr tot
Regie: Michael Steiner
CH 2021, 115 Minuten
Ab Do, 28.10., im Kino