Taugt Alkohol, wie es der deutsche Sänger Herbert Grönemeyer behauptet, als «Sanitäter in der Not»? Nicht auf Grönemeyer, sondern auf den norwegischen Psychiater Finn Skarderud stützen sich die vier Freunde im Film bei ihrem Experiment. Skarderud und seine Theorie gibt es wirklich: Der Mensch kommt mit 0,5 Promille Alkohol zu wenig auf die Welt. Für ein gutes Leben soll man den Pegel ausgleichen. Also trinken.
Nur heimlich und nur während der Arbeitszeit
Die vier Freunde unterrichten alle am Gymnasium: Martin (Mads Mikkelsen), Tommy (Thomas Bo Larsen), Peter (Lars Ranthe) und Nikolaj (Magnus Millang), die ihr Leben zum Besseren verändern wollen – durch Trinken. Und das heimlich und nur während der Arbeitszeit.
Vor dem Experiment macht Geschichtslehrer Martin im Schulzimmer einen etwas derangierten Eindruck. Er scheint unkonzentriert. Die Klasse macht sich Sorgen, ob sie bei Martins Zustand die Maturaprüfung besteht. Und auch in Martins Ehe mit Anika (Maria Bonnevie) steht nicht alles zum Besten.
Martin stellt die gewagte These in den Klassenraum, dass etwa der erklärte Schweralkoholiker Winston Churchill («Ich trinke nie vor dem Frühstück») nicht trotz, sondern wegen seines exzessiven Trinkens den Zweiten Weltkrieg gewonnen haben könnte. Oder wie war das mit Ernest Hemingway, der es trinkend immerhin bis zum Literaturnobelpreisträger brachte, allerdings stets um 20 Uhr seinen Alkoholkonsum einstellte?
Die vier Männer merken: Alkohol beflügelt und beschwingt. Auf der Schattenseite wird aber auch spürbar, dass die Folgen ihres Trinkens teilweise verheerend (Bettnässen) oder gar von tödlicher Tragik sind. Vorläufig wird aber Martin zum besseren Lehrer, scheint wie ausgewechselt. Draussen im Leben kann es aber schon mal eskalieren, wenn die vier in der Gruppe sozial auffällig werden.
Der Dreh ohne einen Tropfen Alkohol
Weder glorifiziert noch dämonisiert Vinterberg das Tun seiner Protagonisten. Er stellt mit gelegentlichem schwarzem Humor eine These über das Leben auf, das er filmisch als Tragikomödie gestaltet. Er verwendet Verfremdungseffekte, etwa Einschübe, in denen der Alkoholpegel angezeigt wird. Oder er montiert Bilder dazwischen, die lallende oder torkelnde «Weltführer» zeigen: Leonid Breschnew, Boris Johnson, Boris Jelzin und Bill Clinton. Angela Merkel sieht man auf einem Foto mit einer Mass Bier in der Hand.
Dem Vernehmen nach soll keiner der Darsteller vor der Kamera auch nur einen Tropfen Alkohol intus gehabt haben. Sie spielen ihr Betrunkensein nur – und das ziemlich gut. Wie gut Mads Mikkelsen übrigens als Jazztänzer ist, stellt er in der Schlussszene unter Beweis, als die Maturklassen am Hafen ausgelassen feiern – mit viel Alkohol.
Druk / Drunk
Regie: Thomas Vinterberg
DK 2020, 117 Minuten
Ab Do, 6.5., im Kino