Im US-Kino sind immer wieder Spielfilme zu finden, die sich politischer und anderer Missstände aus der Wirklichkeit annehmen. «All The President’s Men» (1976) über die Watergate-Affäre ist eines der bekannteren Werke. In «Erin Brokovich» (2000) kommt Julia Roberts einem Umweltskandal auf die Spur. Mark Ruffalo verkörpert in «Spotlight» (2015) einen Journalisten, der zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche von Boston recherchiert. Und jüngst hat Regisseur Clint Eastwood mit «Richard Jewell» die Geschichte eines fälschlicherweise als Bombenattentäter verdächtigten Sicherheitsmanns erzählt.
Kühe verenden wegen Chemieabfällen
«Dark Waters» reiht sich in diese «Skandalfilm»-Tradition ein. 2016 erschien im «New York Times Magazine» ein Artikel über Umweltsünden des Chemiekonzerns DuPont. Schauspieler Ruffalo sicherte sich die Verfilmungsrechte, beteiligte sich als Co-Produzent und heuerte als Wunschregisseur Todd Haynes («Carol») an, unter dem er die Hauptrolle des Anwalts Robert Bilott übernimmt.
«Dark Waters» ist ein realistischer und packender Film nach wahren Begebenheiten. Es sind schockierende Tatsachen, die Bilott ans Licht bringt. 1998 wird er in der Anwaltskanzlei, die für grosse Chemiefirmen arbeitet, von einem Farmer kontaktiert. Bauer Wilbur Tennant (Bill Camp) aus West Virginia hat seine 190 Kühe begraben müssen. Sein Verdacht: kontaminiertes Wasser. Ursache dafür sei die Giftmülldeponie der Firma DuPont. Tennant besitzt VHS-Kassetten mit erschütternden Horrorbildern von mutierten und verendenden Tieren.
Bilott kennt den Bauern, ein Nachbar seiner Grossmutter. Er übernimmt den Fall und wechselt somit auf die Gegenseite. Wie David gegen Goliath kämpft er gegen eine Übermacht an. Er sichtet immense Aktenberge und stellt sich auf einen jahrelangen Kampf ein. Stets folgt er seinem Gewissen, der Wahrheit und Gerechtigkeit verpflichtet. Der Fall zehrt spürbar an seinen Kräften und belastet das Familienleben stark.
Über 3500 Geschädigte reichen Klage ein
Die Erkenntnisse sind brisant: Ursache allen Übels ist PFOA, Perfluoroctansäure, die für die Teflonproduktion verwendet wird. Tausende von Tonnen wurden in der Natur entsorgt, über Jahrzehnte hinweg. «Wir werden vergiftet», erklärt Bilott einmal – in der Luft, im Boden, im Wasser, überall steckt der gefährliche Stoff. Ein Skandal sondergleichen, von Politik und Justiz lange missachtet und erst jetzt von Bilott aufgedeckt.
Der Anwalt gibt, gegen alle Widerstände, nie auf. Am Schluss kommen mehr als 3500 Klagefälle vor Gericht, die Entschädigungszahlungen betragen viele Millionen Dollar.
«Rob kämpft weiter», heisst es im Abspann. Und Johnny Cash singt «I Won’t Back Down», den Song von Tom Petty über Standhaftigkeit, darüber, nicht klein beizugeben.
Dark Waters
Regie: Todd Haynes
Ab Do, 13.8., im Kino