«Die Beale Street ist eine Strasse in New Orleans, wo mein Vater, wo Louis Armstrong und der Jazz geboren wurden. Jeder in Amerika geborene Schwarze ist in der Beale Street, ist im Schwarzenviertel irgendeiner amerikanischen Stadt geboren, ob in Jackson, Mississippi, oder in Harlem in New York: die Beale Street ist unser Erbe.»
James Baldwins Zeilen aus der Vorbemerkung zu seinem Roman sind dem Film vorangestellt. Die Beale Street liegt eigentlich in Memphis, Tennessee. Bekannt geworden ist sie nicht zuletzt durch den «Beale Street Blues» von W.C. Handy, der das Stück 1916 komponierte. Diese Strasse ist überall dort, wo Afroamerikanern Unrecht geschieht.
Die Geschichte hält einen Fall von schreiender Ungerechtigkeit bereit. Es geht um eine falsche Anschuldigung mit fatalen Folgen. Der liebenswerte Kunsthandwerker Alonzo Hunt, genannt Fonny (Stephan James), ist das Opfer von unerhörten Umständen. An seiner Seite im Kampf um Gerechtigkeit: Tish (die überragende Leinwanddebütantin KiKi Layne) mit ihrem festen Willen und mit bedingungsloser Liebe. Unterstützung erhält sie von ihrer Familie.
Tish ist erst 19, Fonny 22. Die beiden kennen sich, seit sie Kinder sind. Jetzt, in den 1970ern, lieben sie sich. Zwei junge Menschen voller Hoffnung auf ein besseres Leben. Doch Tish und Fonny sind schwarz. Sie leben in Harlem. Fonny sitzt unschuldig im Gefängnis, weil er eine Puerto Ricanerin vergewaltigt haben soll. Das schnelle Urteil ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass Fonny eine nicht weisse Hautfarbe hat. Seinem Freund Daniel ist Ähnliches widerfahren, auch er ein Opfer juristischer Willkür. Er sass zwei Jahre hinter Gittern wegen Autodiebstahls, obwohl er gar nicht Auto fahren kann. «Sie können mit dir machen, was sie wollen», sagt er.
Zeitlos gültige Geschichte
Bei einem Besuch im Gefängnis offenbart Tish ihrer Liebe hinter der Glasscheibe, dass sie schwanger ist. Für sie ist klar: «Wir müssen ihn da rausholen.» Fonny seinerseits ist sicher: «Ich bin bald zu Hause.» Als Erzählerin fungiert Tish, aus ihrer Perspektive wird diese Geschichte erzählt. In Rückblenden kommt früheres Geschehen zu Tage, als die beiden noch glücklich waren.
Der afroamerikanische Regisseur Barry Jenkins erklärte, dass sein mehrfach Oscar-prämierter Film «Moonlight» (2016) über einen homosexuellen schwarzen Jungen ohne Baldwin nicht möglich gewesen wäre. So scheint es nur folgerichtig, dass Jenkins nun auch als Erster einen Roman von James Baldwin für die Leinwand adaptiert hat. Jenkins erzählt nicht in sozialrealistischer Manier, vielmehr wählt er eine den wahren Kern seines Films nie verratende poetische Herangehensweise – ein trauriges Märchen von der grossen Liebe und vom grossen Unrecht. Situiert ist die Geschichte in einer bestimmten Zeit, zeitlos gültig ist sie geblieben.
If Beale Street Could Talk
Regie: Barry Jenkins
Ab Do, 14.2., im Kino