An Selbstbewusstsein fehlt es dem jungen Udo Lindenberg aus dem nordrhein-westfälischen Provinzort Gronau nicht. Er will hoch hinaus. Früh schon ist er davon überzeugt, es zu schaffen, mit einer Mischung aus kindlich-naivem Glauben und starkem Willen. Und natürlich, ohne ginge es nicht: Er ist mit Talent als Schlagzeuger gesegnet. Sein Vater Gustav (Charly Hübner) sagt allerdings: «Wir Lindenbergs werden Klempner und sonst nichts.» Gerne kommandiert er im betrunkenen Zustand seine Gattin Hermine (Julia Jentsch) und die Kinder nachts in die Stube, wo er zu Plattenspielermusik klassische Musik dirigiert.
Statt Klempner wird Udo Kellner. Die Lehre bricht er aber ab. Er trommelt lieber. Mit 17 Jahren verdingt er sich in einer Kapelle, die zur Unterhaltung für die Soldaten eines US-Luftwaffenstützpunktes in Libyen aufspielt. Zurück in Deutschland spielt er unter anderem mit Jazz-Saxofonist Klaus Doldinger. Man sieht ihn im Studio, wie er das Schlagzeug zur von Doldinger komponierten «Tatort»-Titelmelodie einspielt.
Lindenberg wechselt vom Schlagzeug ans Gesangsmikrofon. Und er will auf Deutsch singen. Vorwürfen seiner politisch denkenden Musikkumpels, Deutsch sei die Sprache der Täter, die Nazis hätten ihnen die Sprache geklaut, entgegnet er: «Dann ist es Zeit, sie zurückzuklauen.» Lindenberg probiert sein Glück, getreu seinem Motto: «Ich mach mein Ding.»
Der Erfolg setzt beim zweiten Album ein
Detlev Buck spielt Mattheissen, den leicht schmierigen Produzenten einer grossen Plattenfirma in Hamburg. Er ist fest davon überzeugt, dass deutsch Gesungenes nur für Schlager taugt. Da sollte er sich täuschen. Udo Lindenberg wird epochal und stilbildend in der deutschsprachigen Rockmusik wirken, wortwitzig und sprachschöpferisch. Allerdings nicht von Anfang an erfolgreich: Das deutschsprachige Debüt «Daumen im Wind» (1972) floppt, nur gerade 7000 Exemplare werden davon verkauft. Dann aber, nur ein Jahr später, folgt «Alles klar auf der Andrea Doria» – der Durchbruch. Der Titelsong und die Anhimmelungs-Ballade «Cello» werden zu Single-Hits. Übrigens, ob wahr oder nicht, schön ist die Anekdote im Film: Als 13-Jähriger schwärmt Udo im Schwimmbad für die drei Jahre ältere Turmspringerin Susanne (Ella Rumpf). Jahre später schickt er ihr das Erfolgsalbum mit der Widmung: «Mit ‹Cello› bist du gemeint. Aber ‹Turmspringerin› hätte scheisse geklungen.»
Der Film arbeitet gezwungenermassen mit Auslassungen einerseits und Ausschmückungen andererseits. Ein nötiges Verfahren, das stellenweise gewisse Längen mit sich bringt. Für die ersten Jahre von Lindenbergs Karriere hätte man sich da und dort andere Gewichtungen vorstellen können. Nichtsdestotrotz: Es ist eine gelungene Sache, die viel Zeitkolorit birgt, in pionierhafte Jahre der deutschen Popgeschichte leuchtet und mit Jan Bülow einen Udo-Darsteller kennt, der den sensiblen und grossmäuligen Musiker durchaus eigen interpretiert und selber singt.
Lindenberg!
Mach dein Ding
Regie: Hermine Huntgeburth
Ab Do, 23.1., im Kino