Film «High-Rise»: Leben im Turm
Der Roman «High-Rise» («Das Hochhaus») von J.G. Ballard ist zum Film geworden. Eine Zukunftsvision als Gesellschaftssatire.
Inhalt
Kulturtipp 14/2016
Letzte Aktualisierung:
05.07.2016
Urs Hangartner
Der Physiologie-Dozent Doktor Robert Laing grilliert auf dem Balkon einen Hund. Im Haus herrscht derweil ein einziges Chaos. Tote liegen in den Gängen, Abfall türmt sich vor verstopften Müllschächten. «Wir leben in einer Zukunft, die schon stattgefunden hat.»
Drei Monate zuvor ist Laing (Tom Hiddleston) in eine Eigentumswohnung im anonymen Turm eingezogen. So nennen sie das topmoderne Hochhaus, das 40 Stockwerke zählt und 1000 Wohnungen fas...
Der Physiologie-Dozent Doktor Robert Laing grilliert auf dem Balkon einen Hund. Im Haus herrscht derweil ein einziges Chaos. Tote liegen in den Gängen, Abfall türmt sich vor verstopften Müllschächten. «Wir leben in einer Zukunft, die schon stattgefunden hat.»
Drei Monate zuvor ist Laing (Tom Hiddleston) in eine Eigentumswohnung im anonymen Turm eingezogen. So nennen sie das topmoderne Hochhaus, das 40 Stockwerke zählt und 1000 Wohnungen fasst. Laing wohnt im 25. Stock, sozusagen «dazwischen». Denn je höher, desto bessergestellt: zuerst die Unterschicht, dann die Mittelschicht, oben die Oberschicht. Wer es dorthin geschafft hat, ist Teil der privilegierten Party-Gesellschaft. Ganz zuoberst residiert Anthony Royal (Jeremy Irons), der Erfinder und Architekt des Turms. Zu Royals Penthouse gehört ein Dach-Park, in dem ein schwarzes Schaf grast und seine Gattin auf einem Schimmel reitet.
Negativ-Utopie
Laing erkennt, wie vieles aus dem Ruder läuft. Gewalt breitet sich aus. Das Hochhaus wird zusehends vermüllt. Stromausfälle häufen sich. Die Hightech-Lifte geben ihren Geist auf. Alles liegt darnieder. Das einst so geordnete Leben schlägt um in pure Anarchie.
Der britische Autor J.G. Ballard hat seine Negativ-Utopie 1975 als Roman veröffentlicht. In den vergangenen Jahrzehnten wurde verschiedentlich versucht, das Buch auf die Leinwand zu bringen, wie das jetzt dem Engländer Ben Wheatley gelungen ist. Er hat in einem retro-futuristischen Ambiente eine Mischung aus Horrorfilm, Science-Fiction und rabenschwarzer Komödie inszeniert.
Für den Schluss hält Regisseur Wheatley eine kleine Szene parat, die nicht im Roman steht: Der junge Turmbewohner Toby hört Radio. Man vernimmt die Stimme von Margaret Thatcher, die 1975 Chefin der Konservativen Partei wurde: «Der Kapitalismus ist das einzige mögliche System.» «Alles in allem», so bilanziert Laing, «war das Leben im Hochhaus gut.»
High-Rise
Regie: Ben Wheatley
Ab Do, 30.6., im Kino