Sie sind eine Familie: der zehnjährige Johnny mit der langen blonden Mähne (Aliocha Reinert), der Teenager-Bruder Dylan, die kleine Schwester Mélissa, die unberechenbare Mutter Sonia (Mélissa Olexa), der Husky namens Gucci und ein paar Aquariumfische. Am Anfang ziehen sie alle aus in Richtung Sozialsiedlung, es ging nicht mehr mit Mutters Freund. Johnnys neuer Lehrer Jean Adamski (Antoine Reinartz) ist von Lyon in die Kleinstadt Forbach gezogen, in den Nordosten Frankreichs. Johnny hätte Talent, hat aber Mühe mit der Sprache. Jean schenkt ihm ein Kurzgeschichtenbuch. Und wenn Johnny ihm allein das Cendrars-Gedicht vorträgt, kann er es gut, anders als vor der Klasse. Von Jean lernt er, was Poesie ausmacht: «Sie berührt uns, auch wenn wir sie nicht ganz verstehen.»
Jean will ihn fördern, Johnny himmelt ihn an. Er sucht Jeans Wohnung in einer besseren Gegend auf, heimlich. Später wird er klingeln und von der gewalttätigen Mutter berichten. Johnny bekommt mit, wie sein Lehrer ihn gegenüber Dritten als sein «Lieblingskind» bezeichnet. Er will sein Milieu verlassen, aufsteigen, spekuliert auf ein Stipendium für die Internatsschule.
Autobiografisch beeinflusst
Am Familientisch beschimpft er seine Mutter, sie könne nichts anderes als «auf deinem fetten Arsch hocken und auf den Weltuntergang warten». Es kommt zu einem dramatischen Zwischenfall in der Schule, dann wird es feierlich-friedlich bei der Erstkommunion. Bis Johnny ankündigt: «Ich haue ab.» Am Ende tanzt er vor dem Spiegel zu «Child In Time» von Deep Purple.
Regisseur Samuel Theis hat sich zu seinem zweiten Film von autobiografischem Erleben inspirieren lassen. «Petite nature» sei ein «Film über verschiedene Arten des Erwachens: emotional, intellektuell, sexuell». Es geht auch um die Scham, einem nichtprivilegierten Milieu anzugehören, und um das Überwinden sozialer Grenzen.
Petite nature
Regie: Samuel Theis
F 2021, 93 Minuten
Ab Do, 7.4., im Kino