Der Film schildert ein Horrorszenarium: Bessergestellte leben in Städten, die von unerwünschten Eindringlingen abgeschirmt sind. Zwischen den Siedlungen liegen Ödland und sogenannte Dead Lands. Nichts wächst mehr natürlich. Die Menschheit ernährt sich von genmanipuliertem Weizen («Grain»). Doch ein Gendefekt verursacht Missernten. Eine Hungerkatastrophe bedroht die Menschheit.
Der Wissenschaftler Erol Erin (Jean-Marc Barr) hat von einem ominösen Forscher namens Cemil Akman (Ermin Bravo) erfahren. Dieser vertritt eine «genetische Chaostheorie», glaubt an «das menschliche Partikel» im Universum. Cemil könnte die Katastrophe vielleicht abwenden, aber er ist verschwunden. Erol macht sich mit einem Gefährten auf die Suche. Zuerst müssen die beiden mit Hilfe einer Angehörigen des Widerstands lebensgefährliche elektromagnetische Türme überwinden. Sie ziehen durch unwirtliche Landschaften, verlassene Gebiete. In einer Zeltsiedlung sind alle Bewohner von einer Epidemie dahingerafft worden. Erol findet Cemil tatsächlich und schliesst sich ihm an. Die Reise geht weiter über einen See, in dem Leichen treiben. Cemil hat Sentenzen bereit wie: «Wir sind immer in einem Traum. Wir wachen erst auf, wenn wir sterben.»
In einer verlassenen Zitadelle graben sie in einem Sakralraum gesunde Erde hervor. Sie liegt unter dem Bretterboden und könnte unmanipulierte Samen nähren. Hoffnung tut sich auf. Die Odyssee nimmt ein Ende mit offenem Ausgang.
Anatolien, Detroit, Bochum und Köln
Die Verweise auf den Kultfilm «Stalker» des sowjetischen Regisseurs Andrej Tarkowski (1932–1986) sind offensichtlich. Auch darin geht es um eine mysteriöse Reise durch ein Niemandsland. «Für mich ist Tarkowski der grösste Regisseur der Welt», sagt Semih Kaplanoglu. «Er hat mir die Tür zum Filmemachen geöffnet.» Nebst Tarkowski bezieht sich der Regisseur auf den Odyssee-Dichter Homer, Joseph Conrad und eine Koran-Sure des Sufismus.
«Grain» ist Science-Fiction, die in naher Zukunft spielt. Aber wie jeder Zukunftsfilm spiegelt auch dieser letztlich Gegenwärtiges mit Themen wie Flüchtlinge, genmanipuliertes Saatgut oder verseuchte Böden. «Ich spreche über das Heute», sagt Regisseur Semih Kaplanoglu. Und: «Die Geschichte des Films überschneidet sich mit der Realität.»
Der Regisseur war bei der Suche nach passenden Drehorten auf reale Flüchtlinge gestossen. Die öden weiten Landschaften fanden die Filmemacher in Anatolien. Die US-Metropole Detroit mit ihrer ruinierten Industrie, den verlassenen Autofabriken und aufgegebenen Stahlwerken bot weitere Schauplätze. Schliesslich drehte Kaplanoglu in nordrhein-westfälischen Städten wie Bochum, Köln, Wuppertal und Düsseldorf.
Grain
(Das Korn des Lebens)
Regie: Semih Kaplanoglu
Ab Do, 3.5., im Kino