Film Francofonia»: Die Arche Louvre
Nach «Russian Ark» macht Alexander Sokurow in «Francofonia» erneut das Museum zum Thema – als poetische Meditation über Kunst und Politik.
Inhalt
Kulturtipp 05/2016
Letzte Aktualisierung:
29.02.2016
Urs Hangartner
Paris, 1940. Nazi-Deutschland besetzt das Land. In der europäischen Kulturhauptstadt ist der Louvre praktisch entleert: Mit Ausnahme der Skulpturen sind alle Kunstschätze zur Sicherheit auf Schlösser in Frankreich verteilt worden. Louvre-Direktor Jacques Jaujard bekommt Besuch von Franziskus Graf Wolff-Metternich, Offizier und Leiter der Abteilung Kunstschutz der Wehrmacht. Diese historische Begegnung und das gemeinsame Bemühen um die Rettung der Kunst bilden den einen Str...
Paris, 1940. Nazi-Deutschland besetzt das Land. In der europäischen Kulturhauptstadt ist der Louvre praktisch entleert: Mit Ausnahme der Skulpturen sind alle Kunstschätze zur Sicherheit auf Schlösser in Frankreich verteilt worden. Louvre-Direktor Jacques Jaujard bekommt Besuch von Franziskus Graf Wolff-Metternich, Offizier und Leiter der Abteilung Kunstschutz der Wehrmacht. Diese historische Begegnung und das gemeinsame Bemühen um die Rettung der Kunst bilden den einen Strang in Alexander Sokurows komplexem Essayfilm.
Die Stimme des Regisseurs hört man im Off-Kommentar. Er selber tritt in seinem Arbeitszimmer auf. Am Computer kommuniziert er per Skype auf Englisch mit einem deutschen Kapitän namens Dirk. Dieser steht in einem wilden Sturm vor der Entscheidung, entweder das Schiff untergehen zu lassen mitsamt dem kostbaren Container-Gut – oder die Fracht zu opfern. Die Container bergen den gesamten Kunstbestand eines Museums.
Vielschichtiger Essay
Nebst inszenierten Szenen finden sich in «Francofonia» dokumentarische Aufnahmen, etwa Wochenschaubilder mit den einmarschierenden deutschen Truppen, Hitler vor dem Eiffelturm. Im Film fehlt auch die Baugeschichte des Louvre nicht.
Im Museum selbst herrscht geisterhaftes Treiben: Napoleon Bonaparte und die französische Nationalfigur Marianne streifen durch den Louvre. Wiederholt hört man Napoleon vor Kunstwerken sagen: «C’est moi.»
In «Russian Ark» hatte sich Regisseur Alexander Sokurow auf formal einzigartige Weise der Eremitage in St. Petersburg angenommen. In «Francofonia» macht er nun den Louvre zur Arche, die nicht einfach Kunst bewahrt, sondern Menschlichkeit schlechthin dient. «Wer wären wir ohne Museen?», heisst eine der Fragen in diesem vielschichtigen poetisch-meditativen Filmessay über Kunst, Politik und Geschichte.
Francofonia
Regie: Alexander Sokurow
Ab Do, 3.3., im Kino