Es ist weltweit dasselbe: In Gesellschaften oder Kulturen, die von strengen religiösen Regeln geprägt sind, ist es mit der Selbstbestimmung der Frau nicht weit her. Im Namen der Religion wird über sie bestimmt. Sei das im orthodoxen Judentum, im fundamentalistischen Islam, im konservativen Katholizismus, im Hinduismus oder im Schintoismus-Buddhismus. Die Frauen haben zu dienen – und zu leiden. Auf dem Plakat zum Dokumentarfilm «#Female Pleasure» steht denn auch geschrieben: «Fünf Kulturen, fünf Frauen, eine Geschichte».
Die global gültige Geschichte beginnt im Film mit stark sexualisierten Werbebildern: die Frau als Objekt. Wie in der Werbung, so im richtigen Leben. «Sie kontrollieren und verstümmeln uns», sagt Leyla Hussein. Als Betroffene klärt sie auf, klagt an, kämpft. Als Kind in Somalia hat sie mit sieben Jahren ihre Genitalverstümmelung erleiden müssen. Heute, im Londoner Exil, weist Hussein dezidiert darauf hin: Die üblen Praktiken sind auch fern der afrikanischen Heimat verbreitet, in England und anderswo.
Provokative Kunst und Briefe an den Papst
Vithika Yadav ist die Gründerin der Aufklärungsplattform «Love Matters» in Indien. «Das Konzept der Liebe existiert nicht in Indien», sagt die Aktivistin. Die Männer bestimmen, sexuelle Übergriffe sind an der Tagesordnung. «Sex, das ist der Mann und seine Begierden.» Zusammen mit Mitstreiterinnen und Mitstreitern betreibt sie «Love Matters» im Internet. Aber sie sind auch draussen und agitieren mit Strassentheater.
Deborah Feldman wurde als 17-Jährige mit einem ihr Unbekannten verheiratet. Sie war Angehörige der ultraorthodoxen chassidischen Gemeinschaft im New Yorker Stadtteil Williamsburg. Bis sie floh. Sie wanderte nach Berlin aus und veröffentlichte ihre bitteren Erfahrungen im Buchbestseller «Unorthodox». Der Talmud sei, so Feldman, «angeblich Gottes Wort; aber es sind die Worte von Männern». Feldman wurde als «Verräterin» mit massiven Anfeindungen konfrontiert, bis hin zu Todesdrohungen.
Eine wunderliche Ausprägung von «Frauenbefreiung» in einem traditionellen Kontext sind die Kunstaktionen der Japanerin Rokudenashiko. Beim Fruchtbarkeitsfest wird in ihrer Kultur ein Penis-Kult betrieben, die weibliche Sexualität dagegen bleibt Tabuthema. Da provoziert die Künstlerin mit ihren Vagina-Abdrücken, die sie etwa für ein entsprechend gestaltetes Kanu verwendet.
Ein fünftes Frauenschicksal führt in die katholische Kirche. Die Deutsche Doris Wagner war als junge Frau Mitglied in der Ordensgemeinschaft «Das Werk», wo sie von einem Pater mehrmals vergewaltigt wurde. Wagner machte ihren Fall öffentlich. Zwei Briefe hat sie an Papst Franziskus geschrieben. Sie blieben unbeantwortet.
Fünf Frauen, fünf beispielhafte Fälle: Der Film zeigt erschreckende Wirklichkeiten und Menschen, die den Widrigkeiten entgegentreten. Mutig und ermutigend.
#Female Pleasure
Regie: Barbara Miller
Ab Do, 15.11., im Kino