Film: Familiäre Verstörung
Was, wenn der Vater eine Frau werden möchte? Diese Frage stellt sich die dänische Regisseurin Malou Reymann und schöpft dabei aus eigenen Erfahrungen.
Inhalt
Kulturtipp 24/2020
Urs Hangartner
Die Nachricht kommt aus heiterem Himmel beim gemeinsamen Pizzaessen mit allen vier Familienmitgliedern. Mutter Helle spricht sie aus: «Wir lassen uns scheiden.» Der Grund: «Weil Papa eine Frau sein möchte.» Die 14-jährige Caroline (Rigmor Ranthe) fragt nach, ob eine Geschlechtsumwandlung eine Krankheit sei. Thomas, der sich nun Agnete nennt, hat es schon immer gefühlt, das Andersseinwollen. Und er betont: «Es hat nichts mit euch zu tun.»
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Die Nachricht kommt aus heiterem Himmel beim gemeinsamen Pizzaessen mit allen vier Familienmitgliedern. Mutter Helle spricht sie aus: «Wir lassen uns scheiden.» Der Grund: «Weil Papa eine Frau sein möchte.» Die 14-jährige Caroline (Rigmor Ranthe) fragt nach, ob eine Geschlechtsumwandlung eine Krankheit sei. Thomas, der sich nun Agnete nennt, hat es schon immer gefühlt, das Andersseinwollen. Und er betont: «Es hat nichts mit euch zu tun.»
Die Verstörung der elfjährigen Emma (Kaya Toft Loholt) ist gross, sie will ihren Vater (Mikkel Boe Følsgaard) nicht mehr sehen. Es wird eine eigentliche Achterbahnfahrt der Gefühle: Emma liebt ihren Vater, der eine Mutter werden wird, und Thomas/Agnete liebt natürlich seine Familie weiterhin. Einfach unter anderen Vorzeichen. Spannung wechselt sich ab mit Unbeschwertheit, wie etwa in den gemeinsamen Mallorca-Ferien. Jedenfalls wird das Familiengefüge tüchtig durcheinandergebracht. «Ich hasse dich!» und «Ich wünschte, mein Vater wäre tot» sind Sätze aus Emmas Mund. Agnete wird einen Job in London annehmen, die Töchter könnten ihn da besuchen. Doch werden sie es tun? Caroline sagt am Schluss: «Sie wird immer unser Vater bleiben.»
Die 1988 geborene dänische Regisseurin Malou Reymann legt mit «A Perfectly Normal Family» ihren Spielfilm-Erstling vor. Er ist von der eigenen Autobiografie inspiriert, denn Reymann ist mit einem Trans-Vater aufgewachsen. Die Handlung und die Figuren des Films sind allerdings fiktiv. Reymann konnte aus dem eigenen Erfahrungsschatz schöpfen. Zusätzlich hat sie die Tagebücher ihres Vaters zu lesen bekommen – Hintergründe für eine authentisch wirkende Geschichte. Eine Geschichte über Normen und Anderssein, über die Gefühle von Verlust und Liebe, über Veränderung und Verunsicherung angesichts von vertrauten Familienverhältnissen.
A Perfectly Normal Family
Regie: Malou Reymann – 97 Min.
Ab Do, 12.11., im Kino