Film: Erst gespielt, dann gemalt
«Loving Vincent» ist eine leuchtend-funkelnde Hommage an den Maler van Gogh. Der Animationsfilm ist aus 65 000 Ölgemälden montiert.
Inhalt
Kulturtipp 01/2018
Frank von Niederhäusern
Dem Mysterium um den Tod des Malers Vincent van Gogh (1853–1890) ist schon vielerart begegnet worden: literarisch, kunsthistorisch, detektivisch, kreativ. Der neueste Beitrag wird so oder so Geschichte schreiben. Dorota Kobiela und Hugh Welchman nehmen gefangen mit einem Animationsfilm, der weniger inhaltlich als formal neue Sichtweisen ermöglicht. Die polnische Malerin und der englische Philosoph haben sich vor Jahren schon aufs kunstvolle Filmemachen spezialisiert und für &l...
Dem Mysterium um den Tod des Malers Vincent van Gogh (1853–1890) ist schon vielerart begegnet worden: literarisch, kunsthistorisch, detektivisch, kreativ. Der neueste Beitrag wird so oder so Geschichte schreiben. Dorota Kobiela und Hugh Welchman nehmen gefangen mit einem Animationsfilm, der weniger inhaltlich als formal neue Sichtweisen ermöglicht. Die polnische Malerin und der englische Philosoph haben sich vor Jahren schon aufs kunstvolle Filmemachen spezialisiert und für «Loving Vincent» eine komplett neuartige Animationstechnik entwickelt.
Ausgehend von berühmten Gemälden van Goghs, haben sie Szenerien geschaffen, die buchstäblich aus dem Leben des Malers gegriffen sind. In diesen siedeln sie ihre Geschichte an mit Figuren, die im Leben und auf den Bildern van Goghs vorkamen. Die Rollen liessen Kobiela und Welchman von Schauspielern im Studio vor den projizierten Settings spielen. In der Folge wurde dieser «Film» von 125 Künstlerinnen und Künstlern übermalt. Aus den 65 000 Gemälden entstand der erste komplett in Öl gemalte Film.
Das Kinoerlebnis ist umwerfend: Die Leinwand leuchtet in ihrer ursprünglichen Funktion – mit dem Unterschied, dass die Gemälde eben leben, sich bewegen. So wird die «pastose» Malweise van Goghs spürbar, seine Farben pulsieren in der Hitze Südfrankreichs. Die Handlung des Filmes ist sekundär: Armand Roulin sucht nach dem passenden Empfänger von van Goghs letztem Brief und reist von Arles nach Paris und Auvers-sur-Oise, wo van Gogh seine letzten Wochen verbrachte und sich erschossen haben soll. Roulins Reise entwickelt sich zur eigentlichen Detektivgeschichte, mit «Erkenntnissen», die heute fast ausschliesslich biografisch belegt sind.
Das Skript ist zuweilen etwas gar seicht. Ärgerlich zudem, dass alle Figuren Englisch sprechen, was diese bildgewaltige Hommage auf empfindliche Weise stört. Für Kunstfreunde ist der Film dennoch absolut sehenswert.
Loving Vincent
Regie: Dorota Kobiela & Hugh Welchman
Ab Do, 28.12., im Kino