Es sind ganz alltägliche familiäre Szenen: Mare ist Hausfrau und Mutter, sie kocht, wäscht, staubsaugt. Ihr Gatte Duro arbeitet beim Sicherheitsdienst des Flughafens in der Nähe der kroatischen Hafenstadt Dubrovnik. Das Haus, in dem sie mit ihren drei Kindern leben, liegt in der Flugschneise. Regelmässig donnern Flugzeuge über ihre Köpfe hinweg.
Mare hat zugunsten der Familie auf ihren Beruf verzichtet. Mit Kräutern, die sie in der Natur sammelt und auf dem Markt verkauft, verdient sie sich etwas dazu. Bis sie eines Tages dem polnischen Gastarbeiter Piotr begegnet. Er ist im Haus gegenüber einquartiert und hilft ihr, die defekte Waschmaschine zu reparieren. Die beiden kommen sich näher. Und führen ihre Beziehung heimlich fort.
Der Film als Familienproduktion
In Mare reift der Wunsch, fortzugehen. Sie träumt von einem Anderswo. Mare zu ihrem Geliebten: «Wir müssen gehen, nur du und ich.» Er: «Wohin?» Mare: «Weg.» Ob sie den Mut findet, wirklich wegzugehen und alles hinter sich zu lassen, verrät die letzte Einstellung des Films.
An wenigen Stellen im Film wird ein biografischer Bezug zur Schweiz angesprochen. Beim Bruder, der ein eigenes Haus besitzt, sagt Mare: «In diesem Haus steckt auch mein Geld, das ich in der Schweiz verdient habe.» Und bei einer Begegnung mit dem Vater fragt sie: «Warum durfte ich nicht in der Schweiz bleiben?» – Der Vater: «Damit du nicht vom rechten Weg abkommst.»
Gewissermassen ist «Mare» ein «Familienfilm», auch auf der Ebene der Produktion selber: Das Haus, in dem Mare mit ihrer Familie lebt, ist das Haus der Cousine von Regisseurin Andrea Staka. Diese kennt es von Besuchen her, es war der Ort für viele Gespräche der beiden Cousinen. Die Figur Mare hat Staka der Darstellerin Marija Skaricic auf den Leib geschrieben. In Mare stecke ein Teil von Skaricic, ein Teil ihrer Cousine und ein Teil von ihr selbst, sagt sie. Die drei Kinder von Mare werden von Stakas Nichte und Neffen gespielt. Mare-Darstellerin Marija Skaricic und Goran Navojec, ihr Film-Ehemann Duro, sind auch im richtigen Leben ein Paar.
Intensive Schauspielleistung
Marija Skaricic und Mirjana Karanovic, die Mares Mutter spielt, kennt man beide bereits aus Andrea Stakas Film «Das Fräulein», mit dem sie 2006 in Locarno den Goldenen Leoparden gewann. Schliesslich hat auch Stakas Partner Thomas Imbach am Film mitgearbeitet (Schnitt, Produktion).
Gedreht wurde «Mare» im Format Super 16 mm, mit dem Effekt, dass die Bilder eine körnige Struktur aufweisen und in einem besonderen Licht erscheinen. Eine bewegliche Kamera filmte, was nach längerer Probephase direkt gespielt wurde. Daraus ergibt sich Nähe für eine Emanzipationsgeschichte, die in einem quasi-authentischen Ambiente angesiedelt ist und von intensiven Schauspielleistungen lebt.
Mare
Regie: Andrea Staka
Ab Do, 12.3., im Kino