In Graubünden begegnet man der einst als Altmetallhändlerin arbeitenden Lisbeth, die auf dem Campingplatz von Andeer lebt. Sie erinnert sich an unschöne Erfahrungen. Ihr ganzes Leben lang habe sie sich wehren müssen. «Sicher war nicht alles Sonnenschein, aber man hat es überlebt.» Nach wie vor gelte: «Viele haben heute noch Angst – vor Behörden und allem.»
René erzählt von früher, wie sie in Obervaz in Baracken «näbedusse» gelebt haben, wie das rote Halstüchlein als Erkennungszeichen galt. Ihm, der gern erzählt, bricht unvermittelt die Stimme, wenn er an Missbrauch und Gewalt zurückdenkt.
30 Jahre Kampf um Häuser
In Frankreich, wo sie sich «gens de voyage» nennen, haben die jenischen Menschen rund um «Patriarchin» Isa selbst als Sesshafte ihre Probleme: Sie kämpfen seit 30 Jahren für neue Holzhäuser, die man ihnen bei einem Landtausch versprochen hatte.
In Österreich legen Marco und Leon, die beiden Söhne des geschichtsbewussten Messerschleifers Manuel Duda, bewundernswertes Geschick an den Tag: Eine Szene zeigt sie an einem Flussufer, wo sie von Hand einen stattlichen Fisch fangen.
Dreharbeiten dauerten sieben Jahre
Der Weg der beiden Schweizer Filmemacher Andreas Müller und Simon Guy Fässler führt von Savoyen über Graubünden bis nach Kärnten. An diesen Orten haben sie Zugang finden können zu Menschen, die sonst lieber unsichtbar bleiben.
Der Film gibt Einblicke in die alltägliche Lebenswelt, in Schicksale, ins Denken und in die Geschichte von Jenischen. Ein Leben am Rand: Diskriminierung und Ausgrenzung gehören zu ihren Biografien.
Überhaupt möglich wurde der Film dank gegenseitigem Vertrauen. Es war der erklärte Anspruch der Regisseure, einen Film nicht nur über Jenische, sondern mit ihnen zu machen. Die Dreharbeiten dauerten ganze sieben Jahre. «Ruäch», das Wort im Filmtitel, ist übrigens die Bezeichnung für jemanden, der nicht jenisch ist, ganz wertfrei verwendet.
Ruäch – Eine Reise ins jenische Europa
Regie: Andreas Müller,
Simon Guy Fässler
CH 2023, 121 Minuten
Ab Do, 31.8., im Kino